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Ausgestellt und vorgestellt - Blick ins Archiv

 

Die Sage von den vier Kreuzen – Schülerzeichnungen der Knielinger Volksschule

 

Unscheinbar, verwittert und oft halb versunken stehen sie seit Jahrhunderten in der Landschaft. Doch gerade ihres ungefügen und schlichten Erscheinungsbildes wegen umgibt Steinkreuze eine Aura des Geheimnis- und Stimmungsvollen. Zu allen Zeiten beflügelten sie die Phantasie der Menschen, die um sie herum Sagen und Legenden spannen. So ist auch mit den heute verschwundenen vier Knielinger Steinkreuzen eine solche sinnstiftende Erzählung verbunden, die bis heute im Gedächtnis der Ortsansässigen verankert ist und in Form von Laientheaterspielen oder, wie das hier vorgestellte Album zeigt, als Lernstoff in der Schule verarbeitet wurde.

Laut der Sage wurden die Kreuze im Jahr 1566 für den "schwarzen Jakob" und seine drei Spießgesellen errichtet. Im Auftrag des Maier Heinri sollten sie den armen, aber strebsamen markgräflichen Verwalter Christoph Besold beseitigen. Der eifersüchtige Heinri sah in Besold einen Rivalen um die Gunst der schönen Bauerntochter Salme. Nach Scheitern des Mordanschlags tötet der Auftraggeber seine Schergen. Der dieser Tat zu Unrecht beschuldigte Besold wird in letzter Sekunde vor dem Galgen gerettet, weil die eigentlich mit der Welt hadernde "Zängerles Jule", Zeugin der Mordtat, in letzter Sekunde doch ihrem Gewissen folgt.

Die Geschichte ist nicht wirklich eine Heimatsage, sondern romantische Dichtung des 19. Jahrhunderts, eine um 1860 entstandene literarische Neuschöpfung von Franz Seupel. Historisch fassbare Quellen sind rar und inwieweit es zuvor eine mündliche Überlieferung des Stoffes gegeben hat, ist unklar.

Ebenso ungeklärt, auch wenn man 1926 bei Grabungsarbeiten auf menschliche Knochenreste stieß, ist der Ursprung der aus rotem oder grauem Sandstein bestehenden Kreuze, die entgegen der Sage wohl nicht zusammen gehörten. Auf einem war ein auf Steinkreuzen in Süddeutschland oft abgebildetes Pflugsech (Pflugmesser) eingehauen. Dabei handelte es sich nicht, wie man früher glaubte, um das Mordwerkzeug, vielmehr war es das Berufszeichen des Getöteten. Zumindest dieses könnte ein Sühnekreuz gewesen sein. Die Aufstellung solcher Sühnekreuze war jahrhundertelang eine der in Sühneverträgen festgehaltenen Bußbedingungen für den Mörder, bevor sich Ende des 15. Jahrhunderts die staatliche Strafverfolgung durchzusetzen begann und die Ahndung eines Mordes keine private Angelegenheit mehr war. So heißt es im Sühnebrief von Obergrombach (aufbewahrt im Generallandesarchiv) aus dem Jahr 1484: "es soll auch der benante Martin umb deß gemelt Wendels selig selenhails willen ein steinernin Crutz setzen".

Im Landkreis Karlsruhe sind noch rund 30 Steinkreuze erhalten, z. B. in Wolfartsweier. Von den Knielinger Kreuzen existierten bis 1936 Überreste in der Nähe der heutigen Kreuzapotheke an der Saarlandstraße. Die Kreuze standen einst außerhalb der Ortsgrenzen an einer belebten Weggabelung, damit Vorübergehende ein Gebet für die armen Seelen sprachen, und wurden dann durch die Ausdehnung der Siedlung zum Verkehrshindernis. Beim Bau des Westwalls sollen sie von durchfahrenden LKWs unwiederbringlich beschädigt worden sein.

Die Erinnerung an sie wird auch mit diesem Album wachgehalten, das die 8. Klasse der Knielinger Volksschule 1937 anfertigte. Im Mittelpunkt steht eine Bilderfolge mit 20 von den Schülern signierten Aquarellzeichnungen, begleitet von knappen Bildunterschriften. Das Schlussbild zeigt die vier Steinkreuze - Denkmale einer Geschichte, die ja vielleicht doch so ähnlich passiert ist…

 

Ariane Rahm

Zeichnung der vier Steinkreuze
Die Überreste der Kreuze
Steinkreuz mit Pflugsech

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