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Blick in die Geschichte Nr. 100

vom 20. September 2013

Rückblick I

25 Jahre "Blick in die Geschichte"

von Manfred Koch

Die Sammelbände des "Blick in die Geschichte" 1988 - 2008

Mit dem Film "Heimat - Eine deutsche Chronik" gelang Drehbuchautor und Regisseur Edgar Reitz 1984 ein außerordentlicher Erfolg. Mit seiner Filmerzählung über die Schicksale der Bewohner des fiktiven Hunsrückdorfes Schabbach zwischen NS-Diktatur, demokratischem Wiederaufbau und bundesrepublikanischem Wirtschaftswunder traf er auf ein damals verbreitetes Geschichtsinteresse. Dieses manifestierte sich sowohl im Zuspruch für große Ausstellungen wie in zahlreichen Geschichtswerkstätten, die sich der jeweils eigenen Geschichte vor Ort zuwandten. Auch in Karlsruhe hatte sich dieser dem Jahrzehnt rückblickend attestierte "Geschichtshunger" mit der Publikation der Briefe Ludwig Marums aus dem KZ Kislau (1984) und der Schilderung der Ereignisse in Karlsruhe 1945, dem Jahr in dem der Zweite Weltkrieg endete (1985), bereits bemerkbar gemacht.

Das "Forum für Stadtgeschichte und Kultur"

Diesem Zeitgeist entsprangen auch Initiativen des Gemeinderats, die eine Aufarbeitung und breitere Vermittlung der Stadtgeschichte wünschten. Umfassend beantragte die FDP-Fraktion 1986 die Schaffung eines "Forum Kultur und Geschichte". Nach Vorberatungen in der Stadtverwaltung formulierte der Kulturausschuss des Gemeinderats schließlich im Juni 1988 folgende Ziele für das "Forum für Stadtgeschichte und Kultur": Koordination und Vernetzung stadthistorischer Aktivitäten unterschiedlicher Institutionen, Initiierung neuer auch gemeinsamer Vorhaben, verstärkte Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger an der Stadtgeschichte. Das "Forum" erhielt bewusst nicht die Form eines Vereins. Es basiert bis heute auf der Infrastruktur des Stadtarchivs. Nicht die amtliche Meinung der Stadt sollte präsentiert werden, sondern das in unterschiedlichen Institutionen und bei Privatpersonen vorhandene Fachwissen. Als Leiter des "Forum" konnte der Präsident des Oberschulamtes i. R. und Historiker Dr. Leonhard Müller gewonnen werden.

Als konkrete erste Aufgaben des "Forum" wurden formuliert: erstens Mitwirkung am Konzept für das Stadtjubiläum im Jahr 1990 sowie die Einleitung einer kontinuierlichen Stadtgeschichtsschreibung, zweitens Arbeitsgespräche mit Vertretern historisch arbeitender Institutionen von den Archiven bis zur Universität, drittens Herausgabe einer vierteljährlichen Beilage zur Stadtzeitung mit dem Titel "Blick in die Geschichte. Karlsruher stadthistorische Beiträge" und viertens öffentliche Foren mit Vortragsveranstaltungen zu historischen und gegenwartsnahen Themen.

Die vorgesehene Evaluierung der Aktivitäten des "Forum" nach dem Stadtjubiläum ergab, dass bei Gründung des "Forum" 1988 von diesem kein Einfluss mehr auf die bereits fortgeschrittenen Planungen für das Stadtjubiläum genommen werden konnte. Eine kontinuierliche Stadtgeschichtsschreibung und Publikationstätigkeit existierte zu dem Zeitpunkt dank der seit 1985 verbesserten Personalausstattung des Stadtarchivs bereits und bedurfte keiner weiteren Unterstützung. Das Stadtarchiv war inzwischen durch Arbeitskontakte bestens vernetzt mit den Archiven, Museen, Bibliotheken und der Universität. Als auch in Zukunft unverzichtbare Säulen des "Forum" galten dagegen der "Blick in die Geschichte" und die Vermittlung von Stadtgeschichte durch Vortragsveranstaltungen.

Vortragsreihen und Stadtführungen

Den ersten Vortrag hielt 1989 der damalige Leiter des Generallandesarchivs, Prof. Dr. Hansmartin Schwarzmaier. Dem folgten jährlich bis 2003 Vortragszyklen unter anderem zu Karlsruhe in den 1950er Jahren, zur Technikgeschichte, zur Sozialgeschichte in drei Jahrhunderten, zur Theatergeschichte und zum Musikleben in Karlsruhe, dabei wurden oft auch Gespräche mit Zeitzeugen veranstaltet. Das Thema von elf Vorträgen im Jahr des Stadtjubiläums lautete "Leben in der Fächerstadt. 275 Jahre Karlsruhe". In einer Besprechung der veröffentlichten Vorträge war zu lesen: "Der Zyklus wurde zur gemeinsamen Plattform nicht nur für Vertreter der Museen, Archive und Bibliotheken, sondern auch der Universität, der Stadtverwaltung und - last but not least - der Politik. Auf diese integrierende Rolle als Ausdruck von Stadtkultur darf das Forum mit Recht stolz sein." Jedes Jahr gab es zudem eine themenspezifische Stadtführung.

Diese Aktivitäten des "Forum" haben Schule gemacht. Zu Beginn des neuen Jahrhunderts gab es zahlreiche andere Vortragsangebote durch unterschiedliche Foren sowie Institutionen und thematische Stadtführungen organisierte in größerer Zahl der Verein "stattreisen". Daher beschloss der Kulturausschuss des Gemeinderats, dass Vorträge und Stadtführungen entfallen können.

Der "Blick in die Geschichte"

Dagegen sollte der "Blick in die Geschichte" weiterhin herausgegeben werden. "Trotz oder gerade in Zeiten knapper Kassen ist es wichtig, dass wir so eine Publikation für die Stadtgeschichtsschreibung, vor allem für die Bürgerinnen und Bürger weiterführen", stellte Oberbürgermeister Heinz Fenrich 2004 fest, als der neue Herausgeber Prof. Dr. Peter Steinbach vorgestellt wurde, dem 2007 Dr. Manfred Koch folgte. Damals war die Erfolgsgeschichte des "Blick" bereits 15 Jahre alt. Dazu hat sicher beigetragen, dass "Karlsruher stadthistorischen Beiträge" nicht eigenständig auf Hochglanzpapier herausgegeben werden, sondern seit Dezember 1988 vierteljährlich als Beilage zur StadtZeitung erscheinen. Damit konnten erstmals alle Karlsruher Haushalte mit stadthistorischen Themen erreicht werden. Darüber hinaus sind seit 2003 die einzelnen Ausgaben auch im Internet abrufbar.

Mit der offenen Struktur des "Forum" und dem "Blick" war beabsichtigt, Institutionen und Privatpersonen für eine verstärkte aktive - mit ihrem jeweiligen Fachwissen - oder für die passive Teilhabe an der Stadtgeschichte eine Plattform zu bieten. Die Präsentation von stadthistorischen Kenntnissen und Arbeitsergebnissen für einen großen Leserkreis machte den "Blick" schon nach wenigen Ausgaben zu einem Mittler zwischen Fachwissen und Bürgern. Das lag und liegt auch daran, dass zur Gewinnung einer möglichst großen Leserschaft die Autoren und Autorinnen ihr fundiertes Fachwissen in allgemeinverständlich formulierte Texte fassen. Annähernd 200 Autorinnen und Autoren haben sich mit ihren 500 Beiträgen bis heute dieser Herausforderung gestellt.

Der Erfolg des Konzepts, in jeder Ausgabe eine Biografie, mehrere Aufsätze, einen "Carlsruher Blickpunkt" und in größeren Abständen auch Interviews mit Zeitzeugen zu präsentieren, etablierte den "Blick" als Markenzeichen für eine kontinuierliche stadthistorische und kulturelle Bildungsarbeit unterhalb der Schwelle umfangreicherer Monografien oder Aufsätze. Das breite Themenspektrum reicht von historischen Ereignissen über die Baugeschichte, bis hin zu Vereinsgeschichten, es findet sich Lesenswertes über die Geschichte kultureller Institutionen, über Rechtsgeschichte, Technikgeschichte, Städtepartnerschaften genauso wie über Sportgeschichte, Biografien und manches andere. Damit können den Leserinnen und Lesern die Hintergründe dessen vermittelt werden, was sie beim Gang durch die Stadt täglich sehen bzw. auch übersehen. Die steinerne Stadt erhält historische Tiefenschärfe. Das Unverwechselbare des Nahen, des jeweiligen Lebensumfelds wird somit erkennbar, man kann es sich aneignen.

Einen Nachteil der Veröffentlichung in der StadtZeitung hatte Oberbürgermeister Gerhard Seiler früh erkannt: "Dieses Format im Bücherschrank aufzuheben ist einfach unmöglich." Es war daher eine Anerkennung für die Arbeit aller Beteiligten, als er 1993 veranlasste, die ersten fünf Jahrgänge des "Blick" als Buch herauszubringen. Mit dem fünften Band, der noch dieses Jahr erscheinen wird, stehen dann rund 1.600 Seiten stadthistorische Beiträge im Bücherregal, griffbereit zum Schmökern und, erschlossen durch ausführliche Inhaltsverzeichnisse und Personenregister, auch als Nachschlagewerk.

Dr. Manfred Koch
Herausgeber / Redaktion Blick in die Geschichte

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