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Blick in die Geschichte Nr. 101

vom 3. Januar 2014

Stilles Gedenken in ehrwürdigen Räumen

Das Bürklinsche Mausoleum

von Simone Maria Dietz

Auf dem neugestalteten Gelände rund um das Krematorium des Hauptfriedhofs, errichtete Josef Durm 1913 ein prachtvolles Grabgebäude für die damals in Karlsruhe ansässige Familie Bürklin. Der Bau zeigt die intensive Auseinandersetzung des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts mit historischer Grabkultur und charakterisiert noch heute durch seine Präsenz die umgebenden Wege und Anlagen.

Dr. Albert Bürklin

Die Familie Bürklin war schon seit mehreren Generationen mit dem Hause Baden, zunächst in der Residenz Durlach, später in Karlsruhe, eng verbunden, als am 20. Juni 1844 Albert Anton Julius Bürklin in Heidelberg zur Welt kam. Sein Vater, der Bauingenieur Albert Ernst Gottlieb Bürklin (1816-1890), genoss nicht zuletzt durch seine professionelle Leitung des Bahnprojekts der Strecke von Heidelberg nach Karlsruhe in der Bürgerschaft Achtung und Ansehen. Bekannt hatten ihn jedoch seine Neigung zur Schriftstellerei, seine Kalendergeschichten im "Lahrer Hinkenden Boten" und die Erzählung des "Kanzleirats" gemacht. Verheiratet war Albert Bürklin mit Julie Desepte (1819-1885).

Albert Bürklin jun. war das erste von sechs Kindern, zwei Schwestern, ein Bruder und ein Zwillingspärchen mit zwei Jungen folgten. Als junger Mann studierte er an der Heidelberger Universität Rechtswissenschaften. Nach einer Stellung als Amtmann in Waldshut, zog er 1875 nach Karlsruhe und wurde Mitglied des großherzoglichen Oberschulrates. Noch im selben Jahr heiratete er Luise, die Tochter des Gutsbesitzers Johann Ludwig Wolf. Politisch engagierte sich Bürklin als Landtagsabgeordneter, ebenso wie als Abgeordneter der Nationalliberalen Partei im Reichstag. Hier unterstützte er als Vizepräsident bereits die Interessen des Weinbaus, mit dem er sich später im eigenen Gut noch viel intensiver auseinander setzten sollte. Veranlasst durch den Tod seines Schwiegervaters 1882 gab er seine Anstellung im Staatsdienst auf, widmete sich fortan mehr der Landwirtschaft und den Besitztümern in Wachenheim und legte den Grundstein zum Ausbau eines Musterbetriebs für Qualitätswein. In der folgenden Zeit lebt er nun teils in Karlsruhe, teils auf den Gütern in der damals bayrischen Rheinpfalz. Karlsruhe, seiner Heimat, ist Albert Bürklin jedoch immer treu geblieben. So übernahm er auch 1893 die Berufung des Großherzogs zum Generalintendanten des Hoftheaters, das durch ihn letztlich zu einer neuen Blüte geführt wurde. Sein kulturelles Gespür wurde nicht nur von Friedrich I, sondern allgemein in der Karlsruher Gesellschaft sehr geschätzt. Dies zeigte sich vor allem bei den zahlreichen Veranstaltungen in seinem Karlsruher Palais, das sich damals großer Beliebtheit erfreute.

Das Bürklinsche Palais - Einflüsse des ersten Bauauftrages an Josef Durm

Mit dem Bau dieses Palais', eines repräsentativen Villengebäudes an der Karlsruher Kriegsstraße, beauftragte Bürklin den Architekten Josef Durm. Er wurde 1880 fertig gestellt und 1898 noch erweitert. Im Wesentlichen orientiert sich die Architektur des Palais an den Gestaltungsprinzipien der italienischen Renaissance. Hierzu zählen unter anderem der klare Grundriss, das Rustika-Erdgeschoss, die Gliederung der Säulenordnungen oder auch die in Rundnischen eingestellten Marmorfiguren. Durm erweiterte jedoch die Bauform durch Zitate wie dem bekrönten Giebel oder dem ausladenden Erker aus der Deutschen Renaissance bzw. dem französischen Barock. Das Gebäude wurde durch einen breiten Eingang innerhalb der Durchfahrt betreten. Dahinter eröffnete sich ein großzügiges Karree mit einer doppelarmigen Treppe über die die oberen Geschosse erschlossen wurden. Graziles Schmiedeeisen, verschiedenfarbiger Marmor und kunstvolle Gemälde und Malereien zierten diesen mit einer Glaskuppel überdachten "Innenhof", gleichfalls erreichte man so die Gesellschaftsräume. Josef Durm hatte durch seinen Auftraggeber die finanziellen Möglichkeiten erhalten einen Bau ganz nach der Wertschätzung Bürklins, seinen Vorstellungen und mit den von ihm bevorzugten Materialien zur errichten. Das Gebäude macht deutlich welchen Einfluss die intensive Auseinandersetzung Durms mit Italien und seiner Architektur hatte, wie er begann sie in seiner Bauweise umzusetzen und wie sich daraus sein ganz persönlicher Stil weiterentwickelte.

Das Mausoleum

Nach den Aufträgen zum Bau und der Erweiterung seines Palais' folgte letztlich der Wunsch Dr. Albert Bürklins nach einem Entwurf Josef Durms für eine Familiengrabstätte auf dem Karlsruher Hauptfriedhof. Schriftliche Dokumente zwischen Bürklin und Durm sind keine erhalten oder hat es durch die langjährige Beziehung beider auch gar nicht gegeben. In einem ersten Brief des Architekten an die Friedhofskommission vom 13. Juni 1911 stellt er einen Antrag zur Errichtung einer Grabstätte, die eine "monumentale, architektonische Ausstattung" und einen "Andachtsraum in Form einer gewölbten Kapelle" haben sollte. Der Baubeginn zu dieser auf dem Friedhof einzigartigen Anlage erfolgte bereits im September 1911.

Das Bürklin-Mausoleum auf dem Karlsruher Hauptfriedhof

Das zukünftige Mausoleum sollte auf dem erst 1903 fertig gestellten Erweiterungsbereich des Friedhofes errichtet werden. Der vorgesehene Platz am damaligen nördlichen Rand betonte die geometrische Anlage, sowie die Achse zum Krematorium. Der Bau erhielt zunächst eine Fläche von 30 Grabstätten mit einer Nutzungsgebühr von 20.000 Mark für die Liegezeit von 50 Jahren, später reduzierte man jedoch das Volumen auf 20 Plätze, 353 qm, und damit auf den Betrag von 12.000 Mark. Die gesamte Planung und der vertragliche Schriftverkehr wurden zunächst von Durm übernommen, der die bauliche Realisierung nach dem Richtfest jedoch seinem Sohn Rudolf übertrug.

Der Begriff Mausoleum geht zurück auf den Grabbau des Karischen Fürsten Maussolos und wird heute allgemein für ein monumentales Grabgebäude eingesetzt. Durm beschäftigte sich während seiner zahlreichen Studienfahrten nach Italien nicht nur mit der dortigen Architektur, sondern setzte sich auch höchst wissenschaftlich mit deren historischer Entwicklung auseinander. Besonders intensiv befasste er sich unter anderem 1906 und 1908 mit dem Theoderich Grabmal in Ravenna. Er zeichnete und skizzierte unzählige Details des Baus und schrieb zwei Abhandlungen über sein ursprüngliches Aussehen und die Veränderungen im Laufe der Geschichte. Diese Faszination und genaue Kenntnis einer an die syrische Architektur angelehnten Bauweise spielte sicherlich bei seinem Entwurf eines Grabgebäudes eine gewisse Rolle, sollte jedoch keinesfalls als Nachahmung vielmehr als Inspiration erachtet werden.

Etwa neun mal neun Meter umfasst die Grundfläche des Zentralbaus und seine Kuppel wölbt sich ebenfalls in ca. neun Metern Höhe. Dies lässt schon von Außen ein sehr harmonisches und in sich geschlossenes Erscheinungsbild entstehen. Obwohl die äußere Fassade nur wenige Parallelitäten zu Ravenna zeigt, sind solche im Innern doch in Ansätzen erkennbar, wie bei der Raumaufteilung in eine Gruft und den darüber liegenden Andachtsraum, bei der Gestaltung der Nischen oder dem Schmuck mit prachtvollen Mosaiken. Wie schon bei früheren Bauten legte Durm auch hier großen Wert auf die verwendeten Materialien; eingesetzt wurden Sandstein, neben Granit und Marmor. Den oben liegenden Andachtsraum rhythmisieren die großen hellen Wandflächen und die in die Ecken gesetzten marmornen Pilaster, über denen sich die goldene Kuppel aus Mosaiksteinen wölbt. Auch das verwendete Oktogon mit seiner zentralen Kuppelform geht zurück auf antike Vorbilder wie Durm sie in Ravenna in der Kirche San Vital studierte.

Blick in die Kuppel des Bürklin-Mausoleums

In diesem Teil des Gebäudes befanden sich früher Erinnerungstafeln für die Verstorbenen, sowie marmorne Sitzbänke und eine Engelsplastik. Diese Plastik fertigte 1885 nach dem Tod der Mutter von Albert Bürklin jun. der junge Künstler Johannes Hoffart für deren Grab, in dem 1890 auch der Vater bestattet wurde. Nach der Erbauung des Mausoleums ließ der Sohn seine Eltern umbetten und die Skulptur zu deren Erinnerung an der Rückwand des Andachtsraumes aufstellen, heute steht die Figur in dessen Mitte.

Die Figur beschreibt eine zarte, junge Frauengestalt, die sich über eine Grabstätte zu beugen scheint um dort im Andenken an einen geliebten Menschen eine Rose niederzulegen. Die Personifikation der Liebe und Jugendlichkeit die Hoffart in die Züge und die Gestik der weiblichen Gestalt legte, wird durch die feinsinnige Bearbeitung des weißen Marmors unterstrichen. Im Sinne der Allegorien des späten 19. Jahrhunderts erscheint sie noch heute jedem Besucher über die familiären Bezüge der Bürklins hinaus als Zeichen des tiefen und stillen Gedenkens.

Den zweiten Teil des Gebäudes bildet die unter dem Andachtsraum liegende Gruft. Sie ist durch zwei breite Treppenabgänge an den hinteren Seiten erreichbar. Hier befanden sich früher Mauernischen für die Urnen, die in der heutigen Nutzung in einem mittig errichteten Kubus Platz finden. Die Wände ließ Durm wiederum mit kunstvoll gestalteten Mosaiken fassen. Ein marmorner Sockel aus dezentem Grau bildet dazu die Basis für das darüber liegende, umlaufende Schmuckband. Die im Halbkreis geführten Bögen ziehen sich in kräftigen, diversen Blau- und Goldtönen durch den Raum. Sie werden zur Decke hin mit zarten naturfarbenen und grünlichen Steinen gefasst, die ihre Leuchtkraft noch verstärken.

Das Gebäude wurde im Sommer 1913 fertig gestellt und am 3. Juli zunächst die Gebeine der exhumierten Eltern beigesetzt. Letztlich wurden neben weiteren umgebetteten Familienmitgliedern auch der am 23. Juli 1924 in Heidelberg verstorbene Auftraggeber und seine Frau Luise dort bestattet.

Verkauf des Mausoleums an die Stadt

Schon mit der Verlagerung des Lebensmittelpunkts Albert Bürklins nach Wachenheim und dem weiteren Ausbau der Weingüter nach seinem Tod verloren die badischen Wurzeln der Familie zusehends an Bedeutung. Bereits am 3. August 1934 erhielt die Stadt Karlsruhe ein Kaufangebot seitens der Familie Bürklin. Unterbrochen durch den Zweiten Weltkrieg und nach einigen Verhandlungen, kam es schließlich zu einem Erwerb in Höhe von 60.000 DM, die die Familie der Stadt für einen gemeinnützigen Zweck schenkte. Schließlich verließen am 16. Dezember 1963 sieben Särge, jene der Eltern, zweier Großeltern, des Onkels sowie Alberts und Luises, die Grabstätte aus dem in jenem Winter verschneiten Karlsruhe. Nicht nur die Presse, auch die Vertreter der Stadt nahmen daran großen Anteil. Der damalige Bürgermeister Dr. Ernst Schiele schmückte bei der Abfahrt den letzten Sarg mit einem Kranz als Zeichen der über Jahrhunderte engen Verbundenheit. Bis zur neuen Nutzung des monumentalen Grabgebäudes als Kolumbarium sollten danach jedoch noch gut 20 Jahre vergehen.

Simone Maria Dietz M.A., Kunsthistorikerin, Leiterin Kunstfilter Karlsruhe

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