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Blick in die Geschichte Nr. 107

vom 19. Juni 2015

Carlsruher Blickpunkte

Einst ein "Poetenwinkel"

von Manfred Koch

Zum Verweilen lädt die heutige Aufstellung des Robert-Haaß-Denkmals wahrlich nicht ein. Es steht nur zwei Meter abseits des südlichen Eingangs zum Beiertheimer Wäldchen an einem Weg für Fußgänger und Radfahrer. Nur etwas mehr als fünfzig Meter entfernt befindet sich die Kreuzung Friedrich-Ebert-, Schwarzwaldstraße und Beiertheimer Allee und dahinter die große ÖPNV-Haltestelle Albtalbahnhof.

Robert-Haaß-Denkmal im Beiertheimer Wäldchen 2015

Es nehmen wohl nur wenige der hier vorüberkommenden Passanten das Porträt und den nur schwer lesbaren Text auf dem gut zwei Meter hohen Findling wahr: "Dem / vaterländischen / Dichter und Schwarzwaldsänger / Robert Haas / 1847-1905". Robert Haaß, der Sohn eines Bruchsaler Hofgerichtsrat und späteren Oberstaatsanwalts, der mit dem Denkmal als Dichter geehrt wurde, verdiente seinen Lebensunterhalt jedoch als Chemiker. Nach dem Abitur in Karlsruhe studierte er zunächst Jura und dann Chemie in Heidelberg bei Prof. Bunsen, verbrachte nach dem Examen 1872 in einem Bergwerk im spanischen Irun und einem anderen bei Saarbrücken sowie ab 1875 als Chemiker in Karlsruhe. Hier wurde er 1888 Leiter der chemisch-technischen Prüfungs- und Versuchsanstalt der Technischen Hochschule Karlsruhe. 1896 wurde er zum Professor ernannt.

Schon 1889 erschien ein erster Gedichtband "Abnoba" mit Naturlyrik zum Schwarzwald noch unter dem Pseudonym H. Robert, dem 1891 der Band "Pro Patria" folgte. Er erschien in erweiterten Auflagen bis 1899 mit dem Titel "Im Zeichen Bismarcks - Zeitgedichte und politische Stimmungsbilder". Zu einer Zeit in der Bismarck beim deutschen Kaiser gerade in Ungnade gefallen war ein, wie der Journalist Albert Herzog in seinen Erinnerungen schrieb, mutiges patriotisches Bekenntnis. Bismarck selbst habe Haaß seine Treue zu danken gewusst.

Der frühe Tod von Haaß 1905 veranlasste einen Freundeskreis von Künstlern und Gelehrten um den Historiker Arthur Böthlingk, die Errichtung eines Denkmals für den "Schwarzwalddichter und vaterländischen Geisteskämpen" zu initiieren. Nach einigem Hin- und Her - nachzulesen in der Veröffentlichung "Denkmäler Brunnen und Freiplastiken in Karlsruhe" - wurde ein Platz am nördlichen Ende des Beiertheimer Wäldchens gefunden. Das 1908 eingeweihte von Hermann Volz entworfene Denkmal war gestaltet mit Findlingsblöcken aus Schwarzwälder Granit, die ein Wasserbecken formten und den großen Findling trugen. Eine Trauerbirke, Weißdorn und Farne sowie eine steinerne Sitzbank umgaben das Denkmal und bildeten so einen "Poetenwinkel".

Das Denkmal überstand bis zum Kriegsende die Zeitläufte, wurde danach jedoch aus nicht bekannten Gründen zerstört. Nach zehn Jahren beschloss die Stadtverwaltung 1955 eine Instandsetzung des Denkmals. Die Stadt wollte damit einen Beitrag zur "Neubefestigung eines echten Heimatbewusstseins" leisten. Geschaffen wurde jedoch nur eine vereinfachte Form des Denkmals mit einem Ersatz des zerstörten Reliefs durch August Meyerhuber an seiner heutigen Stelle. So spiegelt denn die Veränderung des Denkmals auch den verblassten Nachruhm des Dichters Robert Haaß.

Dr. Manfred Koch

Der Autor ist Herausgeber und Redakteur des "Blick in die Geschichte".

 

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