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Blick in die Geschichte Nr. 107

vom 19. Juni 2015

Ein Rückblick auf gescheiterte Pläne

Das Neubau-Projekt Turmberghotel

von Ferdinand Leikam

Pünktlich zum 300. Geburtstag der Stadt Karlsruhe zeigt sich der Turmberg, der Hausberg des Stadtteils Durlach, in neuem Gesicht. Eine moderne Terrasse, Sitzstufen und ein Veranstaltungsraum sollen den Aufenthalt am Berg sicherer, komfortabler und attraktiver machen. Die aktuellen Maßnahmen sind nicht die ersten baulichen Veränderungen auf dem Turmberg. Eine weitreichende Umgestaltung erfuhr der Berg bereits am Ende des 19. Jahrhunderts, als er durch den Bau der Turmbergbahn sowie der Gaststätten "Zur Friedrichshöhe" und "Zum Burghof" touristisch erschlossen wurde. Bald darauf zählte der Berg zu den beliebtesten Ausflugszielen nicht nur der Durlacher und Karlsruher Bevölkerung.

Einen großen Einschnitt bedeutete der Zweite Weltkrieg: Bei einem Luftangriff wurde die an der Bergstation der Turmbergbahn gelegene "Friedrichshöhe" am 24. April 1944 zerstört. Damit standen für den nach dem Krieg wiedereinsetzenden Ausflugsverkehr zwar immer noch der "Burghof", das "Gut Schöneck" und das "Schützenhaus" zur Verfügung, aber das Fehlen der "Friedrichshöhe" wurde trotzdem als Verlust empfunden. Ende 1951, als sich die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse wieder verbessert hatten, schlug der Verkehrsverein Karlsruhe vor, an der Stelle der zerstörten "Friedrichshöhe" einen Neubau für ein Hotel und Restaurant zu errichten. Diese Initiative griff der Karlsruher Architekt Herbert Pille auf und fertigte einen Entwurf, den die BNN am 15. Dezember 1951 veröffentlichten. Pille schlug vor, ein modernes Restaurantgebäude sowie daran anschließend ein siebenstöckiges Hochhaus für ein Hotel mit rund 60 Betten zu errichten. Vorgesehen war, den Hotelbau quer zum Hang zu errichten, sodass die Zimmer nach Süden blickten.

Entwurf für ein Turmberghotel von Herbert Pille 1951

Hochhaus oder Sperrzone?

Der Vorschlag blieb nicht lange unwidersprochen. Anfang April 1952 veröffentlichten die BNN einen Aufsatz von Professor Arnold Tschira, Leiter des Instituts für Kunst- und Baugeschichte an der Technischen Hochschule (heute KIT) ? ein leidenschaftliches Plädoyer "gegen die leidige Unsitte, unsere Berghänge zu bebauen". Laut Tschira war der Turmberg als bedeutende "Landmarke" und "Grüninsel" von weiteren Bauten möglichst freizuhalten. Bereits jetzt ? im Jahr 1952 ? habe die Bebauung am Turmberg ein Ausmaß erreicht, "wo die Störung in Zerstörung" übergehe. Daher sei es höchste Zeit, "Sperrzonen zu schaffen, Zonen, die vor allem die Struktur der Landschaft hervortreten lassen". Tschira forderte, auf einen Neubau auf dem Gelände der "Friedrichshöhe" zu verzichten und stattdessen den "Burghof" zu erweitern. Für den Turmberg sei ein umfassender Plan aufzustellen, der sowohl den Wünschen der Allgemeinheit als auch den Anforderungen des Landschaftsschutzes und der Denkmalpflege gerecht werde. Ein solcher Plan sei dringend notwendig: "Wenn nämlich so weitergebaut wird, dann wird der Turmberg bald nur noch ein beliebiger, von Straßen zerschnittener, mit Häusern übersäter Hügel sein".

Auf die vehemente Kritik reagierte das Stadtamt Durlach mit einer Stellungnahme, in der es die Befürchtungen Tschiras als unbegründet zurückwies. So seien etwa die Baufluchtlinien für das Turmberggebiet bereits seit geraumer Zeit amtlich festgelegt. Überdies habe die Stadtverwaltung "leider Gottes noch vordringlichere Sorgen, als auf dem Turmberg Hotels zu bauen". Dass sich die Stadtverwaltung gleichwohl bereits intensiv mit einem Hotelneubau auf dem Turmberg befasste, wurde am 25. April 1952 offensichtlich, als Carl Peter Pflästerer, der Leiter des Stadtplanungsamtes, einen eigenen Entwurf vorstellte. Dieser sah einen langgezogenen, zweistöckigen Bau an der Talseite der Reichardtstraße vor, der sich von der Bergstation der Bahn bis auf die Südseite des Berges erstrecken sollte. Der Stäffelesweg sollte den Bau in zwei, durch eine Brücke miteinander verbundene Hälften teilen. Im westlichen Gebäudeteil war ein Restaurant für rund 500 Gäste vorgesehen, im südlichen ein Hotel mit etwa 30 Betten. Dank seiner relativ geringen Höhe, so die Einschätzung der BNN, würde sich das Bauwerk trotz seiner Länge von rund 100 Metern der Turmbergsilhouette unterordnen. Als Hindernis für eine Realisierung des Projekts galten allerdings die damit verbundenen Kosten, die man auf 1,1 Millionen Mark schätzte.

Modell zum Entwurf des Turmberghotels von Carl Peter Pflästerer 1952

Diese Summe überstieg auch die Möglichkeiten des Badischen Fußballverbands, der 1951 das Gut Schöneck gekauft hatte und Interesse an einer Realisierung des Projekts bekundete. Die Planungen kamen erst im September 1954 in Schwung, als sich die in Düsseldorf ansässige Angestellten-Wohnungsbau GmbH (AWOG) bereiterklärte, das Bauprojekt zu realisieren und dem Badischen Fußballverbund die Kosten vorzustrecken. Wenig später legte Wolfgang Astfalck, der Architekt der AWOG, erste Pläne auf Basis des Entwurfs Pflästerers vor.

Eine Frage der Finanzierung

Doch die Umsetzung der Pläne scheiterte. Der Badische Fußballverband schreckte vor den damit verbundenen finanziellen Verpflichtungen zurück und verlangte ein größeres Engagement der Stadt Karlsruhe. Der Karlsruher Stadtrat wiederum beschloss am 19. Oktober 1954, dem damals kontrovers diskutierten Hotelprojekt am Stadtgarten Vorrang einzuräumen. Als darüber hinaus die AWOG Anfang 1955 in eine finanzielle Schieflage geriet, rückte eine Realisierung des Projekts wieder in weite Ferne.

Dennoch wurde das Vorhaben weiter verfolgt, zumal der Bau zumindest eines Restaurants auf dem Areal der "Friedrichshöhe" auch im Interesse des Badischen Fußballverbands war. Schließlich waren dessen Versuche, Schöneck auf den Sportbetrieb zu beschränken und die Gastwirtschaft für die Öffentlichkeit zu schließen, am Protest der Bevölkerung gescheitert. 1956 verkaufte die Stadt das Grundstück der "Friedrichshöhe" sowie ein angrenzendes Gelände an den Verband, der sich im Gegenzug dazu verpflichtete, dort innerhalb von fünf Jahren ein Hotel und Restaurant zu errichten. Vorrang für den Verband hatten jedoch die Aufrechterhaltung und der Ausbau des Sportschulbetriebs, die ebenfalls hohe Investitionen erforderten. Als er erkannte, dass er den Bau eines Hotels in der vorgesehenen Frist nicht würde realisieren können, gab er die Grundstücke 1960 an die Stadt zurück.

In den Folgejahren meldeten sich immer wieder Investoren bei der Stadt Karlsruhe, die Interesse am Bau eines Hotels und Restaurants auf dem Areal der "Friedrichshöhe" bekundeten. Doch in keinem der Fälle kamen die Überlegungen über das Anfangsstadium hinaus. Lediglich die Terrasse der "Friedrichshöhe", die seit 1959 wieder öffentlich zugänglich war, wurde 1963 erneuert. Erst 1966, zeitgleich mit der Modernisierung der Turmbergbahn, verdichteten sich Überlegungen wieder zu konkreten Planungen. Diese sahen vor, zunächst nur ein Restaurant zu errichten und dieses gegebenenfalls später durch einen Hotelbau zu ergänzen. Im weiteren Verlauf wurde jedoch deutlich, dass die potentiellen Investoren den Restaurantneubau nicht auf dem Gelände der "Friedrichshöhe", sondern auf dem des "Burghofs" errichten wollten. Wenngleich dieser Plan ebenfalls an der Finanzierung scheiterte, gab er dennoch die Richtung für die weitere Entwicklung vor. Im Zentrum der Überlegungen stand fortan der Neubau eines Restaurants auf dem Areal des "Burghofs". Dieses Vorhaben wurde schließlich auch realisiert: 1972 wurde der alte "Burghof" abgerissen und durch einen Neubau ersetzt, der ein Jahr später seine Pforten öffnete.

Am Bau eines Hotels und am Gelände der "Friedrichshöhe" verringerte sich hingegen das Interesse, wenngleich 1969 kurzzeitig diskutiert wurde, dort ein Studentenwohnheim zu errichten. Die Idee, auf dem Turmberg ein Hotel zu bauen, erlebte 2012 eine kurze Wiederauferstehung, als über einen Umbau der mittlerweile baufällig gewordenen Terrasse diskutiert wurde. Der Vorschlag wurde jedoch nicht weiter verfolgt, stattdessen entschied sich die Stadt Karlsruhe zu einem Neu- und Ausbau der Terrasse, der nun, kurz vor den Jubiläumsfeierlichkeiten, vor der Fertigstellung steht.

Dr. Ferdinand Leikam

Der Autor ist Mitarbeiter von Stadtarchiv & Historische Museen der Stadt Karlsruhe.

 

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