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Blick in die Geschichte Nr. 110

vom 18. März 2016

Carlsruher Blickpunkte

Holzbrücke in der Günther-Klotz-Anlage

von Manfred Fellhauer

Mancher, der in der Günther-Klotz-Anlage bei der Seenlandschaft den Bootsanlegeplatz betritt mag sich schon gefragt haben, wo denn die alte hölzerne Brücke herkommt. Dass es sich um eine alte Albbrücke handelt wird zu Recht vermutet, aber wo sie die Alb einst überspannte ist heute nur noch Wenigen bekannt. Diese Brücke ist ein Stück Alt-Bulacher aber auch Karlsruher Geschichte. Errichtet wurde sie im Jahr 1905 von dem Architekten Hermann Walder im Auftrag der Brauerei Moninger hinter der "Schäumenden Alb", dem brauereieigenen traditionsreichen Bulacher Wirtshaus. Hauptgrund für die Errichtung der Brücke war, den Menschen aus Karlsruhe den sonntäglichen Ausflug "auf's Land" bzw. "ins Grüne" zu erleichtern, d.h. zu verkürzen. Dahinter stand sicher Eigennutz der Brauerei in Form erwarteter höherer Umsätze bzw. eines höheren Bierausstoßes. Vorbild waren wohl Gegebenheiten in Grünwinkel. Dort nahmen die aus Karlsruhe kommenden Menschen die Brücke über die Alb bei der Militärschwimmschule, um den Weg zu den brauereieigenen Gasthäusern der Brauerei Sinner abzukürzen.

Holzbrücke in der Günther-Klotz-Anlage 2016

Aber nicht nur wegen der guten Gastronomie war die "Schäumende Alb" bekannt, sondern auch deshalb, weil sie im dortigen Albbereich ein öffentliches Bad unterhielt. Es war das billigste der damaligen Karlsruher Bäder. Selbst nach dem Ersten Weltkrieg brauchte man im Freibad "Zur Schäumenden Alb" nur 3 Pfennige zu bezahlen.

Die Brückenkonstruktion bestand aus Holz, Stahl und Beton. Wuchtige Holzbalken trugen die Dachkonstruktion der klar gegliederten, schlichten Fußgängerbrücke. Sie besaß für die vertikale Lastabtragung zwei Hauptträger, die als Hänge-Sprengwerk ausgebildet waren. Die horizontale Lastabtragung erfolgte sowohl durch Diagonalen unter der Dachebene, als auch mittels Windportalen im Bereich der Pfosten. Das hatte eine Biberschwanzdoppeldeckung.

Als 1973 in Karlsruhe-Bulach im Rahmen der Trassierung der Südtangente die Alb verlegt wurde, verlor die Holzbrücke ihren Sinn. Auch das Gasthaus "Zur Schäumenden Alb" wurde abgerissen. Als "technisches Baudenkmal einer Art, wie man es im Nahbereich von Karlsruhe nicht ein zweites Mal findet", beurteilte das Landesdenkmalamt Baden-Württemberg damals die einzige überdachte Holzbrücke in Karlsruhe. In Süddeutschland und der Schweiz sind sie noch in wenigen Exemplaren anzutreffen. Die bekannteste Brücke dieser Art wirbt als Wahrzeichen ihrer Stadt in den Fremdenverkehrsbüros für Luzern. Die Karlsruhe nächstgelegene ist die Holzbrücke über die Murg in Forbach.

Nachdem die Brücke funktionslos geworden war verfiel sie allmählich, mutwillige Zerstörung des Daches und ratenweise Demontage der Brüstungsverschalung und des ohnehin schon verrotteten Gehbelages durch Unbekannte machten ein Versetzen nahezu unmöglich. Nach den Vorstellungen von Dipl. Ing. Heinz Jakubeit und seinen Mitarbeitern, die mit der Planung des neuen Albgrüns beauftragt waren, sollte die Brücke nicht unter den Ketten der Planierraupen begraben werden.

Zwei Gründe haben der Stadt Karlsruhe den Entschluss, die Brücke versetzen zu lassen, erheblich erleichtert: Die Zusage des Landesdenkmalamtes, die Bemühungen um die Erhaltung der Brückenkonstruktion finanziell zu unterstützen und das Angebot von Prof. Fritz Wenzel, Leiter des Instituts für Tragekonstruktion der Uni Karlsruhe, heute KIT, die Versetzung der Brücke als praktisches Lehrstück für Studenten zu übernehmen. Unter der Leitung des Assistenten Dipl. Ing. Jürgen Vogeley und des Zimmermanns und damaligen Architekturstudenten OMI Riesterer wurde die Brücke abgebaut und auf dem Werkhof des Gartenbauamtes zwischengelagert. Die Seminargruppe des Instituts analysierte den Bestand und fertigte für die marode Brücke neue Konstruktionspläne. Nach dem Ausbessern der alten und Zurichten der neuen Hölzer entstand die alte Brücke 1976 neu an ihrem heutigen Standort inmitten der von Prof. Robert Mürb initiierten Seenlandschaft der neu entstehenden Günther-Klotz-Anlage. Die beiden Hahnenköpfe am First des Brückendachs wurden von Barbara Jäger nach historischer Vorlage als ihr erstes "Kunst am Bau Werk" in Karlsruhe entworfen und von OMI Riesterer aus Bohlen gefällter Eichen, die der Südtangente weichen mussten, geschnitten. Von den Besuchern der Günther-Klotz-Anlage wird die alte Holzbrücke gerne angenommen und stellt auch innerhalb der Anlage eine Orientierungshilfe dar.

Manfred Fellhauer, Dipl.-Finanzwirt (FH)

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