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Blick in die Geschichte Nr. 113

vom 16. Dezember 2016

Biographie Elizabeth Marum-Lunau

Die Ehrenmedaille der Stadt Karlsruhe erhielt Elizabeth Marum-Lunau 1990 für ihr Engagement um die Versöhnung der Juden mit den Deutschen, viele Freunde und Wegbegleiter waren zu diesem Anlass mit ihr ins Rathaus gekommen. Mit ihrer Erinnerungsarbeit zum Wirken und Schicksal ihres Vaters, des SPD-Politikers Ludwig Marum, hatte sie ermöglicht sichtbare Zeichen gegen das Vergessen zu setzen: Das Ehrengrab für ihren Vater auf dem Hauptfriedhof, die Stele im ehemaligen KZ Kislau zur Erinnerung an seine Ermordung und die Benennung des Ludwig-Marum-Gymnasiums Pfinztal, wo sie wie in vielen anderen Schulen auch viele Jahre immer wieder über das Schicksal der Familie Ludwig Marums berichtete.

Elizabeth Marum-Lunau 1979

Die Tochter Ludwig Marums, des Rechtsanwalts und SPD-Politikers, und seiner Frau Johanna, wurde am 10. September 1910 in Karlsruhe geboren. Die Eltern waren 1910 aus der jüdischen Gemeinde ausgetreten und hatten sich wenig später den Freireligiösen angeschlossen. Früh erlebte sie die Schrecken des Krieges bei der Bombardierung eines Zirkuszeltes 1916 nah der elterlichen Wohnung in der Kriegsstraße 65. In der Schule fiel sie, dem Vorbild des Vaters folgend, durch Gerechtigkeitsgefühl und Courage auf. Im Haus der Eltern lernte sie später Persönlichkeiten aus Kultur und Politik kennen, mit einigen pflegte sie anhaltende freundschaftliche Verbindung.

Geprägt von ihrem Vater entschloss sie sich, Jura zu studieren, und ging dazu nach Heidelberg, München und Berlin. Kurz nach der Machtübernahme der Nazis konnte sie am 6. März 1933 in Berlin noch das erste Staatsexamen ablegen. Das Referendariat durfte sie jedoch wegen ihrer jüdischen Wurzeln nicht mehr antreten. Als dann vier Tage später Ludwig Marum in "Schutzhaft" genommen wurde, waren ihre Zukunftspläne endgültig zerstört. Bis zur Ermordung des Vaters im März 1934 in Kislau kämpfte sie um seine Freilassung und organisierte das Leben der Familie. Im Sommers 1934 ging sie für eine Ausbildung zur Masseurin, eine Vorbereitung für ein Leben im Exil, zurück nach Berlin. Daneben wirkte sie als Kurierin für illegale Flugblätter am Widerstand gegen die Nazi-Herrschaft mit.

Im Sommer 1936 folgte sie der Mutter und den Geschwistern in das Exil in Paris. Dort heiratete sie 1937 ihren nichtjüdischen Studienkollegen und NS-Gegner Heinz Lunau aus Magdeburg. Mit Kriegsbeginn 1939 begann in Frankreich eine schwere Zeit mit der Internierung in verschiedenen Lagern, zuletzt in Gurs, aus dem sie im Juli 1940 entlassen wurde. Es folgte ein zähes Ringen um die Einreisegenehmigung in die USA. Dank Bürgschaften von Karlsruher Freunden in New York wurde diese 1941 erteilt. Der Aufbau einer neuen Existenz nach der Ankunft in New York am 21. September 1941war mühsam. Das Ehepaar Marum-Lunau verdiente den eher kargen Lebensunterhalt in verschiedensten Anstellungen. 1944 wurde ihre Tochter geboren und etwa zwei Jahre später trennte sich das Ehepaar. Erst 1950 konnte Elizabeth Marum-Lunau eine erfolgreiche Karriere als Hotelmanagerin in New-York beginnen.

Nach ihrer Pensionierung 1975 begann sie, die Geschichte der Familie Marum nicht zuletzt auch für ihre Enkelin zu erforschen. Dazu reiste sie ab 1979 jährlich nach Karlsruhe, immer zur selben Zeit und wohnte stets im selben Hotel in der Bismarckstraße. Ihre Archivrecherchen, tatkräftig unterstützt durch einen Freundeskreis um Stadtrat Frithjof Kessel, führten zur Publikation der Briefe ihres Vaters aus dem KZ Kislau und des Briefwechsels der Familie im französischen Exil 1939-1942. Bei der Namensgebung des Ludwig-Marum-Gymnasiums in Pfinztal 1985 sagte sie: "Das war ja der Sinn der Arbeit, jüngste Geschichte lebendig zu machen". Am 5. Juni 1998 starb Elizabeth Marum-Lunau in Manhattan, die Urne mit ihrer Asche wurde im Ehrengrab ihres Vaters in Karlsruhe beigesetzt. Auf der kleinen Grabplatte ist der Inhalt ihrer 1975 gefundenen Lebensaufgabe festgehalten: "Erinnern - Versöhnen - Mahnen".

Christa Koch, Autorin von Biographien für das Gedenkbuch Karlsruher Juden

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