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Blick in die Geschichte Nr. 117

vom 8. Dezember 2017

Biographie Adolf von Grolman

Seit 1955 verwahrt das Stadtarchiv Karlsruhe ein Typoskript mit dem Titel "Karlsruhe in den Jahren 1945-1954". Beauftragt hatte das Werk die Stadtverwaltung. Bekommen hat sie die Betrachtungen sowohl eines distanzierten Chronisten mehr aber noch die Gedanken eines teilnehmenden Beobachters des Zeitgeschehens auch vor 1945. Publiziert wurden diese Erinnerungen, Berichte und Gedanken zum "Wiederaufbau und Neubeginn einer Stadt im Nachkrieg" 2017. Ihr Autor ist der Germanist, Literaturkritiker und Schriftsteller Adolf von Grolman.

Adolf von Grolman (1888-1973)

Geboren wurde v. Grolman am 6. Oktober 1888 in Karlsruhe als Sohn einer vermögenden adligen Familie. Seine Mutter stammte aus einem französischen Adelsgeschlecht, sein Vater war laut Standesbucheintrag bei der Geburt seines Sohnes Secondelieutenant beim Badischen Feldartillerieregiment Nr. 14. Er blieb einziges Kind des Ehepaars, da der Vater schon knapp zwei Jahre nach seiner Geburt verstarb. Schon ab dem Alter von fünf Jahren nach einer Knieoperation gehbehindert, weckte sein Deutschlehrer Gustav Wendt die Liebe zur Literatur und seine Mutter die zur Musik. Dennoch begann er nach dem Abitur am Großherzoglichen Gymnasium in Karlsruhe 1907 ein Studium der Jurisprudenz unter anderem in Genf, das er in Heidelberg mit Staatsexamen und Promotion 1911 beendete. Da v. Grolman sich "in diesen Bureau- und Juristenumständen" nicht wohl fühlte und das Familienvermögen es erlaubte, beendete er Ende 1913 die Juristenausbildung, amtierte die beiden ersten Weltkriegsjahre als Schriftführer des Badischen Roten Kreuzes und studierte 1916-1918 Literaturwissenschaft in München. Schon 1918 wurde er mit einer Arbeit über Hölderlins "Hyperion" erneut promoviert und 1919 folgte seine Habilitation in Gießen, wo er anschließend als Privatdozent wirkte.

Vermögensverluste während der Inflation beendeten 1922 die Hoffnung auf eine akademische Karriere und zwangen v. Grolman zur Rückkehr nach Karlsruhe, wo er mit der Mutter bis zu deren Tod 1943 in der Hirschstraße 71 und der Leopoldstraße 43 lebte. Nach kurzer Tätigkeit als Jurist entschied sich v. Grolman 1924 für die ungesicherte Existenz als freier Literaturhistoriker, -kritiker und Schriftsteller. Bis ins hohe Alter entfaltete Grolman nun eine vielfältige Aktivität als Autor und Herausgeber eigener Monographien, von Sammelbänden, Aufsätzen und Essays. In ganz Deutschland war v. Grolman zudem als Referent unterwegs. Über 1.000 Veröffentlichungen sind in einem Werkverzeichnis aufgeführt.

Das literarhistorische Interesse v. Grolmans galt besonders Hölderlin und Stifter aber auch oberrheinischen Dichtern. Er legte seiner Kunstbetrachtung nicht allein werkimmanente ästhetische, sondern vor allem ethische, kultur-konservative Maßstäbe zugrunde. Er rückte damit in die Nähe national-völkischer Literaturbetrachtung. Gleichwohl bewahrte er sich Skepsis gegenüber der Ideologie der Nazis. 1942 fielen der Gestapo Briefe des anhaltend Frankophilen mit kritischen Äußerungen zu Nazigrößen und den Kriegsaussichten in die Hände. Nach sieben Wochen Untersuchungshaft im Juli/August im Karlsruher Gefängnis kam er wieder frei und das Verfahren wurde Anfang November eingestellt. Die Einlieferung in ein KZ, die Heinrich Himmler angeordnet hatte, blieb ihm zum Glück erspart. 1943 wurde er aus der Reichsschrifttumskammer ausgeschlossen und im September 1944 wurde bei einem Luftangriff seine Wohnung samt großer Bibliothek zerstört.

1946 kehrte der zeitlebens Unverheiratete von seinem Evakuierungsort Tamm bei Ludwigsburg, wo er den Franzosen als Dolmetscher diente, nach Karlsruhe zurück. V. Grolman arbeitete wieder als freier Schriftsteller auch für den Rundfunk und reiste wieder als Referent zudem hielt er Vorlesungen unter anderem an der Volkshochschule Karlsruhe. Zu seinen Veröffentlichungen dieser Zeit zählen die "Karlsruher Novellen" und der Roman "Ferien", zu dem er etwa 80 unveröffentlichte Fortsetzungen ("Pariser Romane") schrieb. Zunehmend vereinsamt zog er, der einst mit Thomas Mann, Hermann Hesse, Marin Buber und Albert Schweitzer Kontakte gepflegt hatte, 1968 aus seiner Wohnung in der Kriegsstraße 286 in das Städtische Altersheim im Klosterweg. Am 17. August 1973 ist Adolf von Grolman im Diakonissenkrankenhaus verstorben.

Dr. Manfred Koch, Herausgeber/Redaktion "Blick in die Geschichte"

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