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Blick in die Geschichte Nr. 118

vom 16. März 2018

Das Handelsschulwesen im Wandel

Die Walter-Eucken-Schule in Karlsruhe

von Marco Wagner und Peter Soave

Die Anfänge des Handelsschulwesens in Karlsruhe reichen in das Jahr 1832, als die Handelsklasse am Polytechnikum in Karlsruhe offiziell zur Handelsschule ausgebaut wurde, die schließlich im Jahr 1865 aufgrund eines Organisationserlasses der Badischen Regierung wieder aufgelöst wurde. Am 10. April 1872 wurde nach Beschluss des Gemeinderates in der Ritterstraße 5 mit der "Handelsschule zu Carlsruhe" eine von der Handelskammer unterstützte Fortbildungsschule für Handelslehrlinge eingerichtet, die zunächst über drei Klassen verfügte. 1889 bezog die Handelsschule das "schöne, neue Schulhaus" in der Gartenstraße 22.

Das kaufmännische Schulwesen in Karlsruhe entwickelte sich entsprechend den Anforderungen der Wirtschaft zusehends weiter. Einen hohen Zuwachs an Schülern erfuhr das Handelsschulwesen, als mit Beginn des Schuljahres 1902/1903 alle in Karlsruhe beschäftigten Handelslehrlinge unter 18 Jahren zum Besuch der kaufmännischen Fortbildungsschule verpflichtet wurden. Im Frühjahr 1926 wurde die Handelsschule II für Mädchen gegründet, die ihren Unterricht in der Gartenstraße 47 abhielt Während bei der Handelslehranstalt II (heute Ludwig-Erhard-Schule) die Fachklassen für Industrie, Großhandel, Kontor, Zahnarzt-, Arzt-, Apothekenhelferinnen und Büroanlernlinge verblieben, übernahm die neue Handelslehranstalt III (heute Walter-Eucken-Schule) alle Einzelhandelsklassen. Am 15. April 1958 nahm die Handelslehranstalt III mit 1167 Schülerinnen in der Gartenstraße 47 und der Otto-Sachs-Straße 5 den Unterricht auf.

Die Walter-Eucken-Schule in der Ernst-Frey-Straße 2 im Jahr 1976

Die Walter-Eucken-Schule von 1962 bis heute

Die Gebäude der Handelslehranstalt III stammten aus den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts und konnten den gewachsenen Anforderungen nicht mehr gerecht werden. Seitens des Schul- und Kulturreferates wurde dem Raumbedarf der Handelslehranstalt III besondere Dringlichkeit zugesprochen und 1962/63 von der Stadt Karlsruhe ein Neubau im Beiertheimer Feld vorangetrieben. Im Berufsschulzentrum waren dort bis dahin schon die Carl-Benz-Schule, Heinrich-Hertz-Schule, Carl-Engler-Schule sowie die Helene-Lange-Schule vertreten. Der fünfgeschossige und 13 Millionen Mark teure Neubau konnte am 26. Januar 1976 mit der Kaufmännischen Berufs- und Berufsfachschule in der Ernst-Frey-Straße 2 bezogen werden. Architektonisch standen Schlagworte wie Flexibilität, Variabilität und Mobilität im Vordergrund. Das bedeutete für den Bau, dass man den sogenannten "Unfertigbau" propagierte; durch versetzbare Montage-Zwischenwände sollte eine ständige Anpassung und Veränderbarkeit der Grundrisse möglich sein. Orientiert hatte man sich letztendlich an der Architektur im Hochschulbereich.

Zur gleichen Zeit wurde die Schule auf Beschluss des Stadtrats vom 15. Dezember 1976 nach dem bedeutenden Nationalökonom Walter Eucken benannt. Seine Büste schmückt seit dem 30. März 1980, sein 30. Todestag, die Aula des heutigen Altbaus. Bei der feierlichen Einweihung im Januar 1977 war neben zahlreichen Ehrengästen auch die Witwe des Namensgebers, Frau Edith Eucken-Erdsiek, anwesend.

Edith Eucken-Erdsiek und Oberbürgermeister Otto Dullenkopf bei der Enthüllung der von Richard Engelmann geschaffenen Büste des Nationalökonomen Walter Eucken im März 1980

Mit dem Neubau, dem heutigen Altbau, wurde das Ausbildungsprogramm erweitert. Schon 1973 wurde dem Ausbau des naturwissenschaftlichen Bereichs zugestimmt. 1974 führte man die einjährige Berufsfachschule - Oberstufe - für die öffentliche Verwaltung ein. Zwei Jahre später folgte das kaufmännische Berufskolleg I und 1976 das Berufskolleg II mit dem Abschluss Wirtschaftsassistent und der Erlangung der Fachhochschulreife. Die ersten 500 Absolventen konnten im Sommer 1977 verabschiedet werden. Die Schulart Berufskolleg wurde seitdem stets weiterentwickelt. So wurde 1991 beispielsweise das Bildungsangebot ergänzt mit dem Dualen Berufskolleg für Abiturienten, welche dann die Schule als Handelsassistenten verlassen konnten. Zwischenzeitlich wurde die Abschlussprüfung des Berufskollegs durch eine zentrale Klassenarbeit ersetzt, jedoch später wieder eingeführt.

Vor dem Hintergrund eines wachsenden europäischen Binnenmarktes wurde mit dem Berufskolleg Fremdsprachen seit dem Jahr 1995 und der Fachschule für Europa-Betriebswirtschaft, vor allem Berufstätigen mit abgeschlossener Ausbildung und Abiturienten die Möglichkeit gegeben, sich für eine kaufmännische Europa-Karriere zu entscheiden.

Neue Akzente wurden im Jahr 1997/98 gesetzt, als die Berufsschule mit der Ausbildung von IT-Berufen begann. Gerade in diesem Bereich ist man am Puls der Zeit. Fortschritt sowie Dynamik sind hier bis heute - und auch wohl zukünftig - besonders zu spüren und stellen folglich eine besondere Herausforderung dar.

Das Gebäude aus den 1970er-Jahren war ursprünglich für ungefähr 1.350 Schülerinnen und Schüler konzipiert, deshalb führten steigende Schülerzahlen schließlich dazu, dass im Jahr 2009 Planungen für einen Erweiterungsbau mit weiteren Unterrichtsräumen begannen. In dem bundesweiten Wettbewerb wurden Entwürfe von insgesamt 45 Architekturbüros diskutiert. In Freiburg fand man schließlich mit dem Architekturbüro Hotz den geeigneten Planer. Begonnen wurde 2012, jedoch sollte es mit einjähriger Verspätung bis Dezember 2016 dauern, ehe der neue Anbau offiziell eröffnet werden konnte. Insgesamt wurden 7,4 Millionen Euro in den lichtdurchfluteten und nachhaltigen Bau investiert. Mit modernster technischer Ausstattung und großzügigem Raum wurde man den neuen Anforderungen der Lehr- und Lernwelt gerecht.

Die Walter-Eucken-Schule - Ausblick in die Zukunft

Noch immer orientiert sich die Walter-Eucken-Schule an ihrer langen dualen Handelsschul-Tradition. Heute liegen die Schwerpunkte der Schule in der kaufmännischen Berufsschule mit Büromanagement sowie Einzelhandel und kaufmännischen IT-Berufen. Die Schülerschaft in diesen Bereichen ist hier am zahlreichsten vertreten. Gefolgt wird sie von den Schülerinnen und Schülern des kaufmännischen Berufskollegs, wo man entweder das einjährige Berufskolleg 1 besuchen kann und anschließend in das Berufskolleg 2 mit Abschluss Fachhochschulreife wechselt, oder gleich von Beginn an das Berufskolleg Fremdsprachen (Spanisch oder Französisch) oder Berufskolleg Wirtschaftsinformatik besucht, welche einen zweijährigen Bildungsgang anbieten, der bis zur Fachhochschulreife führt.

Dass dem Praxisbezug besondere Wichtigkeit beigemessen wird, zeigt sich unter anderem in Berufskolleg 1 mit Übungsfirma oder Berufskolleg 2 mit Juniorenfirma. Die Schülerinnen und Schüler haben hier die Möglichkeit, eine schulinterne Firma zu betreiben und so wichtige betriebswirtschaftliche Prozesse aktiv und praktisch zu erlernen. Im weiterbildenden Bereich gibt es die Fachschule für Wirtschaft, die zum/zur staatlich geprüften Betriebswirt/-in führt. Seit zwei Jahren werden außerdem sogenannte VABO-Klassen (Vorqualifizierungsjahr Arbeit und Beruf für Jugendliche ohne Deutschkenntnisse) angeboten, wobei hier ein Schwerpunkt auf dem Erwerb von Deutschkenntnissen liegt. Hier können die Lernenden nach der Übernahme ins Regel-VAB den Hauptschulabschluss erreichen. Für jede Schulart gibt es an der Walter-Eucken-Schule zusätzliche Qualifizierungsmöglichkeiten, die ein breites Spektrum abdecken.

Den Schülerinnen und Schülern soll weiter die Möglichkeit gegeben werden, von der internationalen Ausrichtung der Schule zu profitieren. Neben dem Sprachenlernen im Unterricht, nämlich Englisch, Spanisch, Französisch und Russisch, pflegt die Schule auch Kontakte zu externen Partnern und Institutionen nach Spanien, Frankreich, Polen und Russland. Regelmäßige Sprachreisen und Praktika, Schulungen im Diversity Management und in interkultureller Kompetenz runden das Angebot ab.

Ein Blick in die Zukunft kann vor dem Hintergrund der Digitalisierung gewagt werden und steht somit im Einklang mit dem Motto der Institution, nämlich "Neue Wege gehen". Es werden bereits ganze Klassen, sogenannte Tablet-Klassen, mit modernster medialer Unterstützung unterrichtet. Die Schule möchte ein Vorreiter sein und hat mit den Projekt- beziehungsweise Fortbildungstagen "Wes 4.0" im Herbst 2017 Baden-Württemberg-weit ein deutliches Signal in Richtung Zukunft gesendet. Modernität steht außerdem auch im Fokus der verwaltungstechnischen Aufgaben an der Schule. Die Walter-Eucken-Schule ist mit Einführung der Amtlichen Schulverwaltungssoftware eine Pilotschule in Baden-Württemberg. Nebst Digitalisierung steht individuelle Förderung im Fokus modernen Lehrens und Lernens, um dem Anspruch von Inklusion und Heterogenität in einer sich wandelnden Berufswelt und Gesellschaft gerecht zu werden.

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