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Blick in die Geschichte Nr. 120

vom 21. September 2018

Biographie David Hugo Mayer

David Hugo Mayer wirkte 37 Jahre an der Spitze des Oberrats der badischen Israeliten und gilt als markanter Vertreter der religiös-liberalen Richtung. Im südbadischen Müllheim als Sohn des Weinhändlers Jakob Mayer und seiner Frau Lea am 25. Juli 1854 geboren, ging er nach der Grund- und Höheren Bürgerschule in seiner Geburtsstadt als 14jähriger nach Karlsruhe. Er lebte in einer orthodoxen Pension und besuchte das humanistische Gymnasium bis zum Abitur, danach studierte er je drei Semester Jura in Heidelberg und Straßburg. Nach der Ersten Juristischen Prüfung 1875 trat er in den badischen Staatsdienst ein. Es folgten Rechtspraktika in Emmendingen, Konstanz und Waldshut und beim Großherzoglichen Oberschulrat in Karlsruhe. Nach der Zweiten Juristischen Staatsprüfung 1878 wurde er "Sekretär" im Badischen Ministerium des Inneren und war persönlicher Referent des Ministers Turban sowie Sachberater für israelitische Angelegenheiten. 1881 wurde Mayer in Jena zum Dr. jur. promoviert. Im Sommer des Jahres heiratete er in Müllheim seine Cousine und Jugendliebe Marie Mayer, zwei Söhne wurden dem Paar geboren. 1883 erhielt Mayer die überfällige Beförderung zum Regierungsassessor. Von 1884 bis zu seiner Zurruhesetzung 1919 war er dann beim Badischen Verwaltungshof tätig, ab 1885 mit dem Titel Regierungsrat, ab 1899 als Geheimer Regierungsrat. 1904 erhielt er den Vorsitz des Verwaltungshofes und 1906 verlieh ihm der Großherzog den Titel eines geheimen Oberregierungsrats.

David Hugo Mayer (1854 - 1931)

Dank umfassender Kenntnisse des israelitischen Kirchenrechts und der Kultusangelegenheiten war dem gerade 29jährigen Regierungsassessor 1883, noch bevor er an den Verwaltungshof berufen wurde, als erstem Staatsbeamten nebenamtlich die Stelle eines Mitglieds des Badischen Oberrats der Israeliten übertragen worden. Seine tiefe Religiosität mit liberaler Ausrichtung und seine Verbundenheit mit Gedanken der Assimilation schienen ihn zum Reformer und Vermittler zwischen den Glaubensgruppen zu prädestinieren. Der Religionsbehörde kamen seine Praxis aus dem Verwaltungsdienst und Erfahrungen aus der regen jüdischen Gemeinde Müllheim zugute. Systematisch entstanden unter seiner Regie Grundlagen für die künftige Arbeit des Oberrats. 1884 erschien das "Verordnungsblatt des Großherzoglich Badischen Oberrats der Israeliten", dessen Redakteur er bis 1929 blieb.

Fast zeitgleich entstand eine vorbildgebende Sammlung älterer, noch gültiger Gesetze und Verordnungen als Grundlage des badisch-israelitischen Kirchenrechts sowie die Neuordnung des Rechnungswesens von Gemeinden und Bezirkssynagogen. Geregelt wurden die Qualifizierung der Lehrer und die Besetzung der Rabbinatsstellen. Federführend arbeitete Mayer an der badischen Synodalverfassung, die Wahl und Rechte der Vertretung der Badischen Juden reglementiert, wohl sein wichtigstes Werk. Sein Versuch, ein deutschsprachiges Gebetbuch, an dem er selbst mitgearbeitet hatte, einzuführen, scheiterte jedoch 1908 an den orthodoxen Mitgliedern der Synode. Er nahm es hin, die Einigkeit der Landesynode war ihm wichtiger. Nach 37jähriger Tätigkeit nahm er 1920 seine Wiederwahl nicht an, um Jüngeren Platz zu schaffen. Der überzeugte Vertreter der Emanzipation wandelte sich, nicht zuletzt unter dem Eindruck des offenen Antisemitismus nach 1920 in Karlsruhe zum Zionisten, glaubte an eine Sicherung der Zukunft der Juden als kulturelle Gemeinschaft nur in einem eigenen Staat.

Auf Mayers Anregung hin entstanden soziale Einrichtungen. Unvergessen ist sein Name in Bad Dürrheim. Er war treibende Kraft für das vom Oberrat geschaffene und 1912 dort eröffnete Friedrich Luisen-Hospiz für jüdische Kinder und minderbemittelte (weibliche) Erwachsene. Er übernahm auch den Vorsitz der Verwaltungskommission und widmete sich gemeinsam mit seiner Ehefrau Marie auch nach dem Ausscheiden aus dem Oberrat unermüdlich diesem Kindererholungsheim, bis seine Kräfte versagten.

David Hugo Mayer starb am 22. Juni 1931 in Karlsruhe in seinem Haus in der Amalienstraße 40. Zu Mayers 100. Geburtstag erinnerte Hugo Marx an ihn und schrieb: "Seine Autorität war von solchem Ausmaß, dass man ihn scherzhaft bisweilen den Großherzog der badischen Juden genannt hat."

Christa Koch, Autorin von Biographien für das Gedenkbuch Karlsruher Juden, Pfinztal

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