Menü
eService
Direkt zu
Suche
eService – Ihr Anliegen bequem Online erledigen
Karlsruhe interaktiv – wichtige Website-Funktionen

Blick in die Geschichte Nr. 124

vom 27. September 2019

Carlsruher Blickpunkte

Kleine Reminiszenz an eine große Brautradition

Volker C. Ihle

Der Bottich mit Bierschöpfer, Maischegabel und Malzschaufel ist das Symbol der Brauerzunft. Gemeinsam mit den ineinander verschlungenen Buchstaben P und Z ziert er die Hausfassade der Kaiserstraße 33. Die beiden Ornamente sind letzte sichtbare Zeugen des traditionsreichen Braugewerbes, das einst auch in der östlichen Innenstadt von Karlsruhe blühte. Allein zwischen Kronenstraße und Durlacher Tor lassen sind ungefähr 20 Orte nachweisen, an denen im Laufe des 19. Jahrhunderts Bier erzeugt wurde. Um 1875 buhlten auf diesem kleinen Areal gleichzeitig sieben unabhängige Brauereien um die Gunst der Kunden. Die beiden größten, Hoepfner und Glaßner, belegten mit jeweils knapp 10.000 Hektoliter Jahresproduktion die Plätze 7 und 8 in der Rangliste der über 20 Brauereien, die es damals in der knapp 43.000 Einwohner zählenden Stadt Karlsruhe gab.

Ornament Bottich mit Bierschöpfer, Maischegabel und Malzschaufel als Symbol der Brauerzunft an der Hausfassade der Kaiserstraße 33

P und Z stehen für Philip Zahn, einen umtriebigen Menschen. Nachdem er 1873 die noch heute bestehende Wirtschaft "Zum Bären" am Bruchsaler Damianstor samt Hausbrauerei verkauft hatte, eröffnete er ein Café-Lokal. Sieben Jahre später packte ihn wohl die Sehnsucht nach seiner alten Tätigkeit. Er suchte eine neue Wirkungsstätte, und wurde in Karlsruhe fündig. Die Brauerei Glaßner stand zum Verkauf. Sie befand sich gegenüber des heutigen KIT in der Kaiserstraße 57, wo sich bald darauf in einem Neubau die Wirtschaft "Zur Harmonie", später das "Café Oxford" ansiedelten. Ihr Gründer Christoph Glaßner hatte dort 1844 im Alter von 30 Jahren das Braugewerbe begonnen und war jetzt 66jährig verstorben. Zwar hatte sein Sohn Karl wenige Jahre zuvor die Brauerei übernommen, es dann aber doch vorgezogen in die USA auszuwandern. 1881 wurde Philipp Zahn mit der Witwe Lina Glaßner handelseinig, pachtete die Brauerei und ließ sich hier nieder.

Ornament mit den ineinander verschlungenen Buchstaben P und Z für Philip Zahn als Reminiszenz an das Braugewerbe an der Hausfassade der Kaiserstraße 33

Nur zwei Jahre später verlegte Zahn seinen Betrieb wenige Häuser weiter Richtung Durlacher Tor in das von ihm erworbene Gebäude Kaiserstraße 33. Auch dort knüpfte er an eine Brautradition an. Sie hatte 1838 begonnen und war seither von wechselnden Eigentümern fortgeführt worden. Allerdings legen Adressbucheinträge nahe, dass Zahns letzter Vorgänger Friedrich Seyfried nach seinem Konkurs 1877 nicht mehr selbst braute. Philipp Zahn wirkte hier acht Jahre lang, bis er 1896 das Geschäft endgültig aufgab, das Gebäude abreißen ließ und es durch einen Neubau ersetzte. Für ihn war das die letzte Gelegenheit, seiner Zunft und sich selbst ein kleines, in Stein gemeißeltes Denkmal zu setzen. Schon im Jahr darauf verkaufte er das neue Gebäude an die Brauerei Printz (später Schrempp-Printz), die darin bis Anfang der 1960iger Jahre das Gasthaus "Zum Grünen Berg" und später die nach dem benachbarten Kino benannte "Rex Bierklause" verpachtete.

Philipp Zahn war nicht nur der letzte Brauer in der Kaiserstraße 57 und 33. Mit seiner Betriebsaufgabe schloss auch eine der letzten handwerklich arbeitenden Brauereien Karlsruhes. Die Zukunft gehörte um die Jahrhundertwende den Brauereien, die industriell produzierten. Doch die lagen alle nicht mehr in der Innenstadt.

Professor Volker C. Ihle, Leiter Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen, Wissenschaftliche Leitung International Office an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Karlsruhe

-

Kopieren Kopieren Schreiben Schreiben