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Blick in die Geschichte Nr. 124

vom 27. September 2019

Präsenz auf internationaler Ebene

Karlsruher Künstler und Künstlerinnen auf Weltausstellungen

von Katja Förster

Mit der Eröffnung der "Great Exhibition of the Works of Industry of All Nations" 1851 in London setzte eine globale Ausstellungsbewegung ein, die bis heute fortbesteht und von den teilnehmenden Nationen noch immer als öffentliches Forum für ihre neuesten technischen, wissenschaftlichen und kulturellen Errungenschaften genutzt wird. Das Großherzogtum Baden beteiligte sich von Beginn an den bombastischen Leistungsschauen, die ab 1867 in der Regel über 52.000 Aussteller aus über 40 Ländern verzeichneten. Während die Londoner Veranstaltung noch ganz im Zeichen der technisch-industriellen Fabrikation stand und dort nur badische und Karlsruher Unternehmen vertreten waren, rückten seit der zweiten "Exposition universelle des produits de l'industrie et des beaux-arts" 1855 in Paris auch die künstlerischen Leistungen in den Fokus der Veranstaltungen. Über 130 Künstler, Kunsthandwerker, Kunstgewerbler und Architekten, die mit Karlsruhe in besonderer Verbindung stehen, beteiligten sich bis zum Ersten Weltkrieg an den Universalschauen.

Paris 1855

Hauptrepräsentant der badischen Kunst in Paris 1855 war der 1834 von Großherzog Leopold zum Hofmaler ernannte Franz Xaver Winterhalter. Als gefragtester Porträtist des europäischen Hochadels wurde seine Kunst aber auch von anderen Fürstenhäusern beansprucht. Auf der Londoner Weltausstellung von 1862 war er mit dem Porträt der Kaiserin Eugénie in der französischen und der Darstellung der preußischen Kronprinzenfamilie in der englischen Abteilung vertreten, auf der Wiener Ausstellung von 1873 präsentierte sein Porträt von Kaiserin Elisabeth (außer Katalog) die österreichische Malerei. Zu den Ausstellern in Paris 1855 gehörten auch Ludwig Des Coudres, Hans Fredrik Gude, Adolf Schrödter und Eduard Willmann. Des Coudres war im Februar 1855 auf Vorschlag von Johann Wilhelm Schirmer als Professor an die im Vorjahr gegründete Großherzogliche Kunstschule in Karlsruhe berufen worden. Gude übernahm 1864 Schirmers Professur für Landschaftsmalerei an der badischen Kunstschule. Der mit Schirmer befreundete Adolf Schrödter wirkte ab 1859 als Professor für Ornamentik und Freihandzeichnen am Karlsruher Polytechnikum. Der Kupferstecher Eduard Willmann war gebürtiger Karlsruher und von 1864 bis 1877 als Professor an der Kunstschule tätig. Mit Willmann, Gude und Des Coudres sind die ersten drei von 30 Karlsruher Akademieprofessoren genannt, die bis zur Brüsseler Schau von 1910 Weltausstellungen beschicken sollten.

Drei der zahlreichen Künstler und Künstlerinnen aus Karlsruhe, die bei Weltausstellungen beteiligt waren: Gustav Schönleber (1851-1917), Alwine Schroedter (1820-1892) und Wilhelm Klose (1830-1914)

Paris 1867

Auf der Pariser Weltausstellung von 1867 fanden sich unter den badischen Ausstellern 17 Künstler aus "Carlsruhe", darunter mit der Malerin Hermine von Reck auch erstmals eine Frau. Ferdinand Keller, einem ehemaligen Schüler von Schirmer, Des Coudres und Gude und von 1870 bis 1913 selbst Professor für Porträt- und Historienmalerei, glückte in Paris mit seinem im Vorjahr fertig gestellten Gemälde "Der Tod Philipps II. von Spanien" der künstlerische Durchbruch. Als einziger Karlsruher Künstler nahm er an sechs Weltausstellungen teil; auf Paris folgten noch 1873 Wien, 1888/89 Melbourne, 1893 Chicago, 1900 Paris und 1904 St. Louis. Zu den weiteren Teilnehmern zählten der durch seine Schlachtenbilder bekannt gewordene badische Hofmaler Feodor Dietz; der von 1862 bis 1871 im Haus von Adolf Schrödter lebende Anton von Werner, dessen für 45.000 Franc angebotenes Historienbild mit Konrad von Hohenstaufen und Friedrich von Baden noch seinem naturalistisch geprägten Frühwerk zuzurechnen ist; der von 1863 bis 1869 in Karlsruhe lebende Wiener Maler Hans Canon, der mit seiner altmeisterlichen Technik, seiner barocken Figurenauffassung und dem warmen Kolorit Künstler wie Keller, Wilhelm Trübner und Hans Thoma prägte; der 1830 in Karlsruhe geborene Maler, Mäzen und Ehrenbürger Wilhelm Klose, der Landschafter August Hörter und der Bildhauer Carl Steinhäuser.

Wien 1873

Die Weltausstellung in Wien 1873, bei der erstmals das Prinzip der Länderpavillons angewandt wurde, stellte die erste "Exposition universelle" im deutschsprachigen Raum dar. Nach den verlorengegangenen Kriegen 1859 und 1866 wollte Österreich mit der Veranstaltung sein wiedererstarktes Nationalbewusstsein demonstrieren. Neben Canon, der mit der "Loge des Johannis" als Hauptrepräsentant der österreichischen Malerei galt, Des Coudres, Hörter, Gude, Keller, Steinhäuser und von Werner findet man in Wien zum ersten Mal Carl Friedrich Lessing mit einer Harzer Gebirgslandschaft während des 30-jährigen Kriegs, die der Karlsruher Gemäldegalerie gehörte, deren Leitung er 1858 übernommen hatte. Ebenso waren Arbeiten von Ernst Hildebrand, Wilhelm Riefstahl und August Vischer sowie den beiden Künstlerinnen Auguste Schepp und Alwine Schrödter, der Witwe von Adolf Schrödter, zu sehen. Mit Hermann Baisch, Gustav Schönleber, Hans Thoma und Heinrich von Zügel nahmen auch vier Vertreter der Münchner und mit Carl Hoff ein Künstler der Düsseldorfer Malerei an der Wiener Schau teil, die alle zwischen 1879 und 1899 als Professoren an die Karlsruher Akademie berufen wurden.

Panorama der Ausstellungshallen der Pariser Weltausstellung von 1867

Paris 1878, Melbourne 1888/89

Die Weltausstellung 1878 in Paris wurde auf Drängen des Reichskanzlers Otto von Bismarck vom deutschen Reich boykottiert, was die Franzosen als einen Affront empfanden. Um das deutsch-französische Verhältnis etwas zu entspannen, kam es noch kurzfristig und außer Programm zu einer deutschen Kunstausstellung mit Skulpturen des Berliner Bildhauers Reinhold Begas und 160 Gemälden deutscher Künstler, darunter acht Exponate aus Karlsruhe.

Auf der Weltausstellung 1888/89 in Melbourne gehörten Baisch, Schönleber und Hoff bereits zur badischen Sektion. Erstmals nahmen die Landschafter Paul Borgmann, Ludwig Dill, Paul von Ravenstein und Friedrich Kallmorgen teil, letzterer war ein ehemaliger Schüler von Hildebrand und Gude und ein Hauptvertreter der Grötzinger Malerkolonie. Außerdem war der für seine mythologischen Landschaften bekannte Edmund Kanoldt vertreten wie auch die Künstlerinnen Marie Hesse, Sophie Ley und Helene Stromeyer. Die "Deutsche Kunstgalerie" mit den drei Salons hatte der Berliner Architekt und Bildhauer Karl Hoffacker entworfen, der 1901 als Nachfolger von Hermann Götz die Leitung der Karlsruher Kunstgewerbeschule übernahm.

Chicago 1893, Paris 1900, St. Louis 1904, Brüssel 1910

Die Organisatoren der Chicagoer Weltausstellung von 1893 ließen eigens ein "Woman's Building" errichten, in dem neben Hesse, Ley und Stromeyer noch weitere acht Karlsruherinnen, darunter auch Margarethe Hormuth-Kallmorgen, vertreten waren. Mit 52 Künstlerinnen und Künstlern war die Karlsruher Beteiligung in Chicago so groß wie nie zuvor. Unter den 'Debütanten' sind vor allem Carlos Grethe, Leopold Graf von Kalckreuth, Caspar Ritter, Hans von Volksmann und die beiden Grötzinger Maler und Grafiker Gustav Kampmann und Franz Hein, der Glasmaler Hans Drinneberg und die Kunstgewerbler Hermann Götz und Karl Gagel zu nennen. Der Preußischen Abteilung gehörten inzwischen Gude, Hildebrand und von Werner, der Bayerischen Wilhelm Trübner und Wilhelm Volz an.

Durch die 1878 in Karlsruhe gegründete Großherzoglich Badische Kunstgewerbeschule, die über hervorragende Lehrer und seit 1889 auch über ein eigenes Schulgebäude mit Museum verfügte, erlebte das Kunstgewerbe in Baden einen enormen Aufschwung. An der Pariser Weltausstellung von 1900 nahmen erstmals auch zahlreiche Kunstgewerbler und Architekten teil. Neben Götz und Gagel zählten Hermann Billing, Josef Durm, Carl Kornhas, Max Laeuger, Rudolf Mayer und Adolf Schmid zu den Ausstellern. Götz, Billing und Laeuger präsentierten in Paris 1900, St. Louis 1904 und Brüssel 1910 - an der Weltausstellung 1915 in San Francisco nahm das Deutsche Reich nicht teil - exklusiv ausgestattete Innenräume, an deren Ausführung fast nur Karlsruher Künstler und Unternehmer beteiligt waren. In den Abteilungen Malerei und Grafik finden sich auf allen drei Ausstellungen bekannte und neue Künstlernamen. Auch wenn dieser kurze Überblick nur einen Bruchteil der Aussteller anführen kann, wird doch die kulturelle Bedeutung der badischen Residenz- und Landhauptstadt ab Mitte des 19. Jahrhunderts auf nationaler und internationaler Ebene deutlich.

Dr. Katja Förster, Kunsthistorikerin, Karlsruhe

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