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Blick in die Geschichte Nr. 126

vom 27. März 2020

Eine Karlsruher Institution

Der Fotograf Erich Bauer und die Firma Foto Bauer

von Jacqueline Berl

"Foto Bauer" war in Karlsruhe eine Institution. Ein Name mit dem alles, was mit Fotografie zu tun hatte, verbunden wurde. Erich Bauer war der jüngste Sohn der renommierten Portrait-Fotografin Julie Bauer. Er kam 1908 zur Welt und sollte, genauso wie seine kleine Schwester Leny, in die Fußstapfen seiner Mutter treten und Fotograf werden. Nach dem Umweg über eine kaufmännische Lehre fand Erich Bauer 1926 zur Fotografie zurück und arbeitete in verschiedenen Geschäften für Fotografie-Bedarf in Stuttgart. 1930 begann er an der Staatslehrschule in München eine Ausbildung zum Fotografen. Nach dem erfolgreichen Abschluss machte er sich im Oktober 1932 in Karlsruhe selbstständig und gründete unter dem Namen seiner Schwester das "Atelier Leny". Der erste große Auftrag auf dem Gebiet der Industriefotografie erfolgte 1937. Mercedes Benz engagierte Erich Bauer, um die Fertigungsniederlassungen in Untertürkheim und Gaggenau zu fotografieren. Seine Bilder zeigen die Produktionsabläufe sowie die damals neuesten Automobil-Modelle. Daraus entwickelte sich eine langjährige Geschäftsbeziehung. Bis in die 1970er-Jahre wurde Erich Bauer immer wieder von Mercedes Benz als Werbefotograf gebucht.

Selbstporträt des Fotografen Erich Bauer in seinem Atelier

Bildberichterstatter im Zweiten Weltkrieg

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Fotografie von Beginn an professionell eingesetzt. Bauer wurde als Bildberichterstatter zur Propagandakompanie eingezogen. Die Bildberichterstattung galt als kriegstaktisch wertvolle Aufgabe, weshalb die Propagandakompanie den Waffengattungen gleichgestellt wurde. Ihre Aufgabe war es, den Medien des Deutschen Reiches Material für die Berichterstattung über Kampfhandlungen an den verschiedenen Fronten zu liefern. Die Wochenschau wurde mit Filmen, der Rundfunk mit Reportagen und die Zeitungen mit Fotos versorgt. Erich Bauer selbst sprach, wie viele seiner Generation, nie über den Krieg. Anhand seiner Fotografien und erhaltener Tagebücher seiner Kameraden, lassen sich seine Einsatzorte jedoch rekonstruieren. So erhielt der 2. Zug der Propagandakompanie, dem auch Bauer angehörte, am 9. Juni 1940 den Befehl zum Abrücken aus Bad Münster an die deutsch-französische Front. Bei Châtillon überquerte die Propagandakompanie mit der 291. Division der 9. Armee die Marne. Für seinen Einsatz in Frankreich wurde Bauer mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse ausgezeichnet. Dennoch beantragte Bauer im Oktober 1940 bei seinem Kompaniechef aus dem aktiven Dienst ausscheiden zu dürfen. Der Antrag wurde nicht gewährt. Stattdessen wurde Bauer im Mai 1941 nach Bischofsburg in Ostpreußen verlegt. Für seinen Einsatz als Bildberichterstatter beim 1. Zug der PK 612 sowie mehrerer Infanterieregimente erhielt Bauer später das Eiserne Kreuz I. Klasse. Bei einem Einsatz in der Sowjetunion zog sich Bauer Erfrierungen zu, die er in Baden-Baden behandeln lassen musste. Daraufhin war er für die Zeitschrift "Das Heer", das offizielle Organ der obersten Heeresleitung, in Berlin tätig.

Nach dem Krieg wurde gegen Bauer ein kurzzeitiges Berufsverbot ausgesprochen. Bei seinem Entnazifizierungsprozess wurde ihm vor allem eine Fotografie, die er von Adolf Hitler bei dessen Besuch in Karlsruhe gemacht hatte, zur Last gelegt. Aus seiner Entnazifizierungsakte geht hervor, dass Bauer in seinem eigenen Geschäft keine Parteiaktivität erlaubte und im Gegensatz zu anderen Arbeitgebern jener Zeit, seine Angestellten nicht zum Parteieintritt aufforderte. Bauers langjährige Assistentin, Edeltraud Knorr, schrieb in einem persönlichen Brief an Bauer: "Sie sind doch bestimmt kein schwarzes Schaf. Ich bin ja nun Gott sei dank schneeweiß. Das habe ich aber auch ein wenig Ihnen zu verdanken, da Sie nie gedrängt haben, dass Ihre Angestellten bei irgendetwas waren."

Dokumentar der Kriegszerstörungen in Karlsruhe

Noch im Krieg hatte Erich Bauer seine Frau Luise Marie geborene Dell geheiratet, deren Kontakte ihm bei der Beschaffung von Fotomaterial halfen. Luise Marie Bauer hatte familiäre Kontakte zur Majolika und kam so an Keramikgeschirr, welches sie im Schwarzwald gegen Lebensmittel tauschen konnte. Diese wiederum tauschte sie gegen Zigaretten, mit denen ein Assistent ihres Mannes nach Leverkusen reiste, wo AGFA Fotomaterial produzierte. Dort konnte der Assistent bei der AGFA Belegschaft die Zigaretten gegen Filmmaterial tauschen. Und so war Erich Bauer kurz nach dem Krieg einer der wenigen Fotografen, die über Arbeitsmaterial verfügten, was es ihm ermöglichte, die Kriegszerstörung Karlsruhes fotografisch zu dokumentieren.

Im März 1946 begann die Trümmerbeseitigung durch die "Aufräumungs-Arbeitsgemeinschaft Karlsruhe" (kurz AAK). Alle arbeitsfähigen Männer der Stadt wurden zu einem "freiwilligen Ehrendienst für den Wiederaufbau" verpflichtet. 1,5 Millionen Kubikmeter Schutt wurden per dampfbetriebener Feldbahn in den Rheinhafen transportiert. Erich Bauer hatte bei der Dokumentation der Aufräumarbeiten und des Wiederaufbaus das Glück, dass ihm die Amerikaner Filmmaterial für die Dokumentation zur Verfügung stellten. Diese Möglichkeit nutzte er, um mit einer Fotoserie, die im März 1949 als Bildband erschien, die menschliche Seite des Wiederaufbaus zu zeigen. Schließlich beauftragte die Stadt Karlsruhe Bauer damit einen Film über die Aufräumarbeiten zu drehen. So entstanden die einzigen erhaltenen Aufnahmen der Trümmerbahn. Dazu arbeitete Erich Bauer nach dem Krieg für die französische Besatzungsmacht und reiste mit dem Generalleutnant Rouché nach Marokko, wo er ihn für die französische Zeitung fotografierte.

1952 baute das Ehepaar Bauer in der Moltkestraße ein Haus das zugleich als Wohnhaus für die vierköpfige Familie und als Werbestudio für die Firma "Foto Bauer" fungierte. Dabei wurde die Seitentür des Raumes, der zugleich als Studio und Wohnzimmer diente, bewusst so breit angelegt, dass Autos, die es zu fotografieren galt, hinein fahren konnten. Neben dem Fotoatelier in der Moltkestraße 85, betrieb Bauer in den 1950er Jahren ein Ladengeschäft in der Kaiserstraße 245.

Dünenbild einer Reisereportage Bauers aus Marokko

Werbefotografie und Reisereportagen

In den 1960er Jahren begann Bauer mit dem Aufbau seiner eigenen Bildagentur. Seine Produktfotografien wurden teilweise europaweit für Werbezwecke eingesetzt und spiegeln klar die Sehgewohnheiten und den Geschmack jener Zeit wider. Seine Aufnahmen junger Frauen, die in knalligen Farben für diverse Produkte werben, mögen heute kitschig wirken, lagen damals aber voll im Trend.

Internationalen Erfolg als Werbefotograf hatte Erich Bauer weniger wegen seines Geschäftssinns als viel mehr wegen seiner phantastischen Kreativität und seiner großen Liebe zum Beruf. Fotografieren war für ihn alles. Die Fotos zu verkaufen eher ein notwendiges Übel, um weiter fotografieren zu können. Trotz des Geschäftssitzes in Karlsruhe nahm sich Erich Bauer immer wieder die Freiheit, quer durch Deutschland oder nach Marokko zu reisen, um zu fotografieren. Diese Reisereportagen waren eigentlich eine Tortur für den Fotografen, der das ganze schwere Material bei Wind und Hitze schleppen musste. Strandbilder zu schießen, war mehr Hochleistungssport als Erholung. Und auch wenn er die Bilder als Werbemittel an Reisebüros verkaufen konnte, waren Reisereportagen wenig lukrativ. Dennoch waren sie für Erich Bauer eine große Leidenschaft. Laut seiner Kinder hatte er nie vor, Geschäftsführer einer Werbe- und Bildagentur zu werden. Nach dem Krieg war es viel eher sein Traum als freier Fotograf die Welt zu bereisen und seine Bilder an Reisemagazine zu verkaufen.

Es war der eigene Erfolg als Werbefotograf, der ihn zur Gründung einer Werbeagentur drängte. Beliebte Werbefotografien sorgten für noch mehr Aufträge, die es wiederum nötig machten Personal anzustellen, das wiederum durch das Heranziehen neuer Aufträge bezahlt werden musste. Die immer zahlreicher werdenden Fotografien veranlassten Bauer schließlich auch zur Gründung einer eigenen Bildagentur. Die verschiedenen Bilder wurden mit diversen Schlagworten versehen, anhand derer sich Werbekunden die gewünschten Motive heraussuchen konnten. Dabei wurde oft auch die eigene Familie zu Werbezwecken abgelichtet. So inszenierte Bauer gerne das Weihnachtsfest im September und ließ seine zwei kleinen Kinder unterm Weihnachtsbaum Geschenke auspacken. In der Vorweihnachtszeit konnte Bauer dann diversen Kunden Fotografien mit den Namen "Kind mit Geschenk", "Kind unterm Weihnachtbaum" oder "Kind bläst Kerze aus" anbieten.

Neben den Werbefotografien fertigte Bauer immer wieder Bildbände über die Stadt Karlsruhe an. Der Fotoband "Karlsruhe - Ein Bildband von Erich Bauer" wurde zwischen 1958 und 1965 fünfmal neu aufgelegt. "Karlsruhe zwischen Schwarzwald und Rhein - Ein Bildband" erschien im Jahr 1984. Für die Illustrierung der Publikation "Die 40er Jahre - Ein Karlsruher Jahrzehnt in Bildern" benutzte der Autor Josef Werner fast nur die Fotografien von Erich Bauer.

Jacqueline Berl M.A., Stadtmuseum Karlsruhe

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