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Blick in die Geschichte Nr. 127

vom 26. Juni 2020

Biographie Alberta von Freydorf

In der Karlsruher Öffentlichkeit nahm Alberta von Freydorf nach dem Urteil ihrer Zeitgenossen eine besondere Stellung ein. Sie galt als der Mittelpunkt einer großbürgerlich-adligen, geistreichen und kunstsinnigen Geselligkeit. Geboren wurde sie am 16. Februar 1846 in Paris als Tochter des kurhessischen Gutsbesitzers von Cornberg und der Schauspielerin Wilhelmine Thoene. Die Familie kam 1851 nach Karlsruhe, wo die Mutter am Hoftheater im Rollenfach Heroine ein Engagement erhalten hatte. In der Stephanienstraße 5 gegenüber dem Wohnhaus der Familie Scheffel wuchs sie auf und besuchte standesgemäß 1853-1862 die höhere Mädchenschule und eine Privatschule in Karlsruhe sowie eine Klosterschule im Elsass.

Wieder zurück in Karlsruhe erhielt sie bei ihrer Mutter Schauspielunterricht und nahm am gesellschaftlichen Leben in ihrem Elternhaus teil. Auch im literarisch-künstlerischen Salon der Josephine Scheffel, der Mutter von Joseph Victor Scheffel, war die "schöne, reichbegabte junge Frau" gern gesehener Gast. Zwischen ihr und der 41 Jahre älteren Gastgeberin entstand bis zu deren Tod 1865 eine enge freundschaftliche Verbundenheit.

Alberta von Freydorf (1845-1923)

Nur kurz währte ein Volontariat der Albertina von Cornberg 1866 am württembergischen Hoftheater in Stuttgart, denn schon im November dieses Jahre heiratete sie den 27 Jahre älteren Rudolf von Freydorf. Der war kurz zuvor zum Präsidenten des Ministeriums des großherzoglichen Hauses und Minister der auswärtigen Angelegenheiten ernannt worden und seit 1871 bis zu seinem Rücktritt 1876 Justizminister. Als Ministergattin nahm sie neben der Erziehung ihrer beiden Söhne repräsentative Pflichten im Wohnsitz des Präsidenten in der Erbprinzenstraße sowie in Berlin wahr. Ferner lernte sie Englisch und Italienisch, nahm Klavier- und Gesangs- sowie bei Alwine Schroedter Zeichen- und Malunterricht.

Um nach dem Tod ihres Mannes 1882 ihren Lebensstandard zu erhalten, verstärkte Freydorf auf Anraten Scheffels, dem Vormund ihrer Söhne, ihre schriftstellerische Tätigkeit. Er überließ ihr auch unfertige Manuskripte seiner Mutter, die sie vollendete und mit ihrem geänderten Vornamen Alberta veröffentlichte. Bis zu ihrem Lebensende verfasste sie Festgedichte, Festspiele mit lebenden Bildern, Märchen, historische Romane, Novellen, Erzählungen und Biographien. Vieles davon erschien in Kalendern, Zeitschriften und Zeitungen, vieles blieb unveröffentlicht und gelangte als Nachlass in die Landebibliothek. Anders als von ihren etwa altersgleichen literarischen Kolleginnen Hermine Villinger und Anna Ettlinger sind von der treuen Monarchistin Äußerungen zur Frauenemanzipation nicht bekannt.

Neben ihrer schriftstellerischen Tätigkeit pflegte sie weiterhin die Geselligkeit in ihrem Hause mit Künstlern und Kunstinteressierten, wobei sie auch eigene Texte vortrug. Zudem wirkte Freydorf im Badischen Frauenverein mit und half im Ersten Weltkrieg bei der Betreuung verwundeter Soldaten. Als Anerkennung für ihren Dienst in den Lazaretten erhielt sie das Badische Kriegshilfskreuz sowie die preußische Rote-Kreuz-Medaille III. Klasse.

Dr. Manfred Koch, Herausgeber/Redaktion "Blick in die Geschichte"

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