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Blick in die Geschichte Nr. 127

vom 26. Juni 2020

Unter wechselnder Herrschaft

Zur Geschichte von Wettersbach

von Katja Förster

Der 1278 erstmals urkundlich erwähnte Ort Grünwettersbach wurde vermutlich in der zweiten Hälfte des 11. oder im frühen 12. Jahrhundert von der Grafenfamilie der Reginbodonen, den späteren Grafen von Malsch, gegründet. Nach 1050 begannen die Adelsgeschlechter im Uf- und Pfinzgau, die Grafen von Eberstein, die Grafen von Hohenberg und eben die Grafen von Malsch, die alle ihren Hauptbesitz zu Lehen vom Kloster Weißenburg oder vom Hochstift Speyer erhalten hatten, unbebautes Land zu erschließen. Das durch Urbarmachung erschlossene Gebiet betrachteten sie als ihren Eigenbesitz, weshalb der Landesausbau ein zentrales Mittel darstellte, um das eigene Herrschaftsgebiet und den politischen Machtanspruch zu vergrößern. Für die Besiedlung des Alb-Pfinz-Plateaus kommen eigentlich nur die Malschgrafen infrage, die von ihren drei wichtigsten Lehensorten Forchheim, Malsch und Ettlingen Landesausbau in Richtung Osten betrieben. Das vier Kilometer östlich von Grünwettersbach gelegene Stupferich ist gesichert eine Gründung von ihnen.

Wechselnde territoriale Zugehörigkeit 1115 - 1350

Nach dem frühen Erlöschen des Malscher Adelsgeschlechts nach 1115 fiel ihr Eigenbesitz und damit auch Grünwettersbach an die Grafen von Eberstein, denen der Ort bei seiner urkundlichen Ersterwähnung 1278 gehörte. 1257 hatte Markgraf Rudolf I. von Baden Kunigunde, die Tochter des Grafen Otto I. von Eberstein geheiratet. Er nutzte die finanziellen Schwierigkeiten seines Schwiegervaters und seines Schwagers, Graf Otto II., und kaufte sukzessive deren Besitzungen auf. Zum ehemals ebersteinischen Besitz, der vor 1292 badisch geworden war, gehörte - urkundlich belegt - wiederum Grünwettersbach.

Urkunde mit der Ersterwähnung von "Wetersbach", eine Schenkungsurkunde, mit der Graf Otto I. von Eberstein 1278 dem Kloster Herrenalb ein Dorf im Kraichgau schenkte

Nach 1278 und 1292 wird der Ort erst wieder in mehreren Urkunden aus dem Jahr 1348 erwähnt, die zugleich dortigen Grundbesitz und Rechte der Grafen von Vaihingen bezeugen. Zu dem Besitzerwechsel kann es, da territorialpolitische Überlegungen auszuschließen sind, nur durch eine Eheverbindung zwischen dem markgräflich badischen Fürstenhaus und dem vaihingischen Grafengeschlecht gekommen sein. Gleich zwei solcher Eheschließungen lassen sich zwischen 1320 und 1341 nachweisen. Kurz nach 1348 wechselte Grünwettersbach für lange Zeit zum letzten Mal seine landesherrliche Zugehörigkeit. Seit 1350 belegen etliche Urkunden sowohl der Grafen und Herzöge von Württemberg als auch der badischen Markgrafen, dass der auf dem Alb-Pfinz-Plateau gelegene Ort bereits zu diesem frühen Zeitpunkt an Württemberg gefallen war und nicht erst, wie in der Geschichtsschreibung bisher angenommen, mit der Einführung der Reformation durch Herzog Ulrich 1534/35.

Grünwettersbach - eine Pfarrei des Deutschen Ordens 1348 - 1553

Die Urkunden von 1348 handeln auch vom Verkauf der freien vaihingischen Güter mit dem zugehörigen Kirchensatz in Grünwettersbach an die Deutschordenskommende Straßburg, der die Kirche noch im Juli 1348 inkorporiert wurde. Bis 1553 sollte der Deutsche Orden das Patronatsrecht über die Kirche in Grünwettersbach innehaben. Die Pfarrei, zu der im 14. und 15. Jahrhundert mit Hohenwettersbach, Stupferich, Untermutschelbach, Busenbach, Reichenbach und Etzenrot, der westlichen Hälfte von Langensteinbach und Spielberg acht Filialen gehörten, wurde während dieser Zeit ausschließlich mit Ordenspriestern besetzt, die direkt dem Deutschmeister, seit 1527 dem Hochmeister des Deutschen Ordens unterstanden. Dies hatte zur Folge, dass der Ort trotz der Einführung der Reformation in Württemberg seit 1534 katholisch blieb, da nur der Hochmeister - und nicht der Herzog als Oberhaupt der evangelischen Landeskirche - berechtigt war, Pfarrer ab- und einzusetzen. Erst als Hochmeister Wolfgang Schutzbar, genannt Milchling, 1552 versuchte, seinen Amtssitz auf Burg Mergentheim gegen die Fürstpropstei Ellwangen einzutauschen und der militärische Vorstoß 1553 von Herzog Christoph niedergeschlagen wurde, war der Orden gezwungen, alle in Württemberg gelegenen Pfarreien und Pfründen an den Landesfürsten abzutreten. So konnte in diesem Jahr die Grünwettersbacher Pfarrstelle erstmals mit einem evangelischen Geistlichen besetzt werden.

Die Gründung der Waldenserkolonie Palmbach

Seit dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648), der ganze Landstriche im deutschen Südwesten verwüstet und entvölkert hatte, lag ein großer Teil der Grünwettersbacher Gemarkung brach. Von den für 1634 überlieferten 70 Haushaltungen bestanden 1655 noch 19. Als im Oktober 1700 rund 300 Waldenser, die 1698 aus dem Piemont vertrieben und über die Schweiz 1699 in das hessen-darmstädtische Mörfelden gekommen waren, aufgrund der dortigen katastrophalen Lebensbedingungen um Aufnahme im Herzogtum ersuchten, beschloss die württembergische Regierung noch im selben Monat, 30 Familien mit 113 Personen in Grünwettersbach anzusiedeln. Dass die Ortsbewohner rund ein Viertel ihrer Gemarkung an Fremde abtreten mussten, sorgte für viele Konflikte.

Die Neuansiedler hatten es in den ersten Jahren äußerst schwer. Als sie am 4. Mai 1701 in Grünwettersbach eintrafen, waren weder von staatlichen Stellen noch von Seiten der Dorfbewohner irgendwelche Vorkehrungen getroffen worden. Nach einigen Tagen, die sie sicherlich im Freien hatten verbringen müssen, ersuchten sie den Neuenbürger Vogt, sie endlich bei den Grünwettersbachern einzuquartieren und die ihnen zugedachten öden Wiesen und Felder markieren zu lassen. Allerdings dauerte es noch bis Februar 1702, bis die Bauplätze für die provisorischen Baracken der Kolonie und das Ackerland - je drei Morgen pro Person - abgesteckt waren. Zunächst übernahmen die Waldenser für ihre Kolonie den Namen "Grünwettersbach". Gegen Jahresende 1704 benannten sie diese dann nach ihrem Herkunftsort "La Balme" im Pragelatal in den Cottischen Alpen. Da etliche umliegende Dörfer mit "-bach" endeten, fügten sie an "Balme" ebenfalls ein "-bach" an. Die Kolonie war sehr arm. Erst nach einer Kollekte in der Schweiz und den Niederlanden 1724/25 konnte eine einfache Kirche und kurz darauf auch ein Pfarrhaus in Fachwerk errichtet werden.

Die zusammengefügten Pläne von 1878 und 1879 zeigen die Gemarkungen von Grünwettersbach und Palmbach

Grünwettersbach und Palmbach werden badisch und vereint

Eine Zäsur für beide Orte brachte das Jahr 1806. Nach ihrem Beitritt zum Rheinbund schlossen das Königreich Württemberg und das Großherzogtum Baden in diesem Jahr einen Vertrag ab, bei dem württembergischer Streubesitz in Baden gegen badischen Streubesitz in Württemberg eingetauscht wurde. Dadurch fielen Grünwettersbach und Palmbach an Baden. Fortan war die Regierung in Karlsruhe und das Oberamt Durlach für die beiden Gemeinden zuständig.

Bis dahin hatten die Palmbacher ihren frankoprovenzialischen Dialekt gepflegt und sich der deutschen Sprache vollkommen verschlossen. 1807 ordnete das Durlacher Oberamt jedoch die Einführung der deutschen Sprache an, was ein erster großer Schritt zur Integration der Waldenser in die badische Bevölkerung bedeutete. Im Bereich der lebensnotwendigen Wasserversorgung kam es 1890 mit der Gründung des Wasserversorgungsverbandes des Alb-Pfinz-Plateaus erstmals zu einem Gemeinschaftsprojekt. Ein anderer wichtiger Anlass zur Kooperation stellte der Erhalt der kommunalen Selbstständigkeit beider Gemeinden dar, die durch die baden-württembergische Gebiets- und Gemeindereform ab 1968 bedroht wurde und zur Fusion von Grünwettersbach und Palmbach zur Gemeinde Wettersbach zum 1. Januar 1972 führte.

Luftaufnahme Wettersbachs von Süden 1982, unten Palmbach und oben Wettersbach

Mit der Fusion, der drei Jahre später die Eingemeindung von Wettersbach nach Karlsruhe folgte, begann das eigentliche Zusammenwachsen der beiden Orts- bzw. Stadtteile, deren Interessen seit dem 1. Januar 1975 von einem 16-köpfigen Ortschaftsrat vertreten werden, dem zehn Mitglieder von Grünwettersbach und sechs von Palmbach angehören. Im Schul- und Vereinswesen kam es schon bald zu ersten Zusammenschlüssen. Neue "Wettersbacher" Vereinsgründungen folgten, wie die des "KultArt Wettersbach", der den Skulpturenpark entlang der L 623 initiierte, der seit 2009 den Zusammenschluss der beiden Stadtteile auch 'optisch' erkennbar macht.

Dr. Katja Förster, Historikerin

Von der Autorin ist erschienen: Wettersbach. Grünwettersbach und Palmbach von den Anfängen bis zur Gegenwart, Karlsruhe 2019 (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs, Band 34).

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