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Blick in die Geschichte Nr. 128

vom 25. September 2020

Carlsruher Blickpunkte

Erinnerungen an das Rüppurrer Adelsgeschlecht

von Günther Philipp

Teilnehmenden an den gelegentlich stattfindenden Veranstaltungen in der auf romanischen Ursprung zurück gehenden St. Nikolauskirche in Rüppurr fallen die beiden unterschiedlich großen roten Sandsteinplatten gegenüber dem Altar auf. Es sind zwei Grabplatten aus dem 16. Jahrhundert, die hier seit der letzten Renovierung von 2012 hängen. Einst lagen sie im Boden des Kirchenschiffs vor dem Altar. Nach einer grundlegenden Renovierung der Kirche im Jahr 1976 hatte man die größere Grabplatte an die Außenwand der Sakristei verbracht, die kleinere in den Innenraum unter den Turmeingang der Kirche.

Grabplatten des Adelsgeschlechts der Pfau von Rüppurr in der St. Nikolauskirche

Die Grabplatten erinnern an zwei in der St. Nikolauskirche bestattete Angehörige des in Rüppurr seit dem 13. Jahrhundert ansässigen Adelsgeschlechts der Pfau von Rüppurr. Beide, Reinhard II. sowie Philipp Jakob, waren die ersten und zugleich auch letzten in dieser Kirche Beigesetzten der Pfau-Familie. Zuvor hatte diese ihre Familiengrabstätte in dem Rüppurr benachbarten Benediktinerkloster Gottesaue. Infolge von Zerstörungen im Bauernkrieg fand dort, mit Ausnahme der Dorothea von Rüppurr, kein Begräbnis mehr statt.

Die Herzgrabplatte des Reinhard II., Pfau von Rüppurr

Die kleinere, beschädigte Herzgrabplatte, hochrechteckig, mit einem in quadratischer Vertiefung in Flachrelief gemeißelten Herz, trägt eine lateinische Inschrift, die das Rätsel des Grabes beziehungsweise seines Toten löst: "(TE)GIT HOC SAX(UM) COR ET VITA(L)IA REVERNDI IN CHRISTO PATRIS (E)T D(OMI)NI DNI (R)EINHARDI A RI(P)UR EPISCOPI (VO)RMATIEN(SIS). (CO)R CONTRITUM (ET) HUMILIATUM D(EUS) NON DESCIPIT" (Dieser Stein deckt Herz und Eingeweide des ehrwürdigen Vaters und Herrn in Christo Herrn Reinhard von Rüppurr, Bischof von Worms. Ein gedemütigtes und zerschlagenes Herz wirst du, Gott, nicht verachten). Der Text weist auf wichtige Details in der Biografie von Reinhard II. hin. Der 1458 auf Schloss Rüppurr Geborene war 1503 zum Wormser Bischof und damit zum Fürst- bzw. Reichsbischof gewählt worden. Zwanzig Jahre später trat er nach heftigen Auseinandersetzungen vor allem mit der Bürgerschaft von Worms, aber auch mit dem Klerus, vom Bischofsamt zurück. Reinhard II. zog sich später verbittert auf das Stammschloss der Pfau in Rüppurr zurück, wo er 1533 starb. Weshalb Reinhard die seinerzeit häufige Form der Herzbestattung wählte, lässt sich nur vermuten: St. Nikolaus als Gotteshaus der Pfau von Rüppurr war "seine Heimatkirche, ihr gehörte sein Herz". Worms, wohin sein Leib in die Domkrypta verbracht wurde, symbolisiert den Ort seines bischöflichen Dienstes.

Die Grabplatte des Philipp Jacob, Pfau von Rüppurr

Die größere Grabplatte des Philipp Jacob, Pfau von Rüppurr (1553-1582), wurde nach ihrer Entfernung aus der St. Nikolauskirche im Jahr 1976 an die westliche Außenwand der Kirche verbracht. Dort erfuhr die massige hochrechteckige rote Sandsteinplatte (200,5x105,5 cm) vor allem witterungsbedingt an ihrer Oberfläche weitgehende Zerstörungen, wovon in erster Linie die Inschrift betroffen war. Bereits 1937 wurde von starken Beschädigungen berichtet: "Der Stein ist fast gänzlich abgeschliffen". Die deutschsprachige In- beziehungsweise Umschrift umzieht die Fläche der Platte wie ein Rahmen und lautet, nach dem mittlerweile gründlich neu aufgebauten bzw. wesentlich ergänzten Inhalt: "DEN 10. AUGUST ANNO DEI 1582 STARB DER EDEL UND VEST PHILIPP JACOB VON RIPPUR DEM GOTT GNAD". Anders als die Schrift sind einzelne Schmuckelemente der Grabplatte noch erhalten: Zum einen das auffallend große Wappen der Pfau von Rüppurr (zwei von sich abgewendete aufrechte Schlüssel mit nach oben und auswärts gekehrten vier Zähnen), zum andern vier kleine Ahnenwappen den Pfau verwandter Adelsgeschlechter.

Zur Geschichte der Rüppurrer Grabplatten in der St. Nikolauskirche ist eine Broschüre in Vorbereitung.

Dr. Günther Philipp, Historiker

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