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Blick in die Geschichte Nr. 136

vom 16. September 2022

Carlsruher Blickpunkte

Ein Ziehbrunnen, drei Standorte

von Jutta Leyendecker

Ein Brunnen vor einem Rathaus – kein ungewöhnlicher Anblick eigentlich, auch wenn er schon über 400 Jahre alt ist. Ungewöhnlich ist allerdings die Geschichte dieses Brunnens. Mit Blumen bunt bepflanzt, verschönert er heute eine Seite des Rathausplatzes in Grötzingen. Hier ist die Endstation seiner Reise durch den heutigen Karlsruher Ortsteil, auf der er allerlei erlebt hat. 

Ziehbrunnen auf dem Rathausplatz in Grötzingen

Sein ursprünglicher Platz war ein Hof in der Kirchgasse 1. Wie man am Hauptgesims lesen kann, stammt er aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts: „H. J. W. B. G. habens gebaut im Jar 1616“. H. J. W. steht für Hans Jacob Wagner. Rebmesser und Pflugschar auf dem Wappen des Schlusssteins weisen auf seinen Beruf hin: Er war markgräflicher Weinbergaufseher. Wer B. G. war, der zweite Brunnenstifter, lässt sich heute nicht mehr verifizieren. Von Hans Jacob Wagner weiß man aus einem Kirchenbuch des Jahres 1646, dass er in einem Weinberg des Markgrafen von einem Soldaten erschossen worden ist.

Dass „sein“ Brunnen im Jahre 1902 einem Umbau des Hofs zum Opfer fallen, sprich abgerissen werden sollte, sprach sich herum im Kirchenviertel. Viele Nachbarn gab es zu der Zeit ja nicht. Das Kirchenviertel, geprägt vom Schloss Augustenburg und der evangelischen Kirche, war dünn besiedelt, und nur wenige Häuser lagen an seiner einzigen Straße, der Kirchgass‘ (heute Kirchstraße). Prominentestes Gebäude war – und ist – das Schloss Augustenburg. Ursprünglich Pfründhaus St. Barbara, 991 erwähnt in den Annalen des Klosters Weißenburg, kam es mit Markgraf Christoph I. (1475-1527) in den Besitz der markgräflichen Familie. Markgräfin Augusta Maria (1649-1728) ließ in den Jahren 1697 bis 1699 das Gebäude nach ihren Wünschen umbauen und gab ihm damit sein heutiges Gesicht und den Namen "Schloss Augustenburg".

Jutta Leyendecker M. A., Freie Journalistin

Von der Autorin ist erschienen: Jutta Leyendecker: Die Grötzinger Malerkolonie. Hinaus ins Freie, Neulingen 2021

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