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Blick in die Geschichte Nr. 132

vom 17. September 2021

Carlsruher Blickpunkte

Grabstein und Portrait der Geliebten eines Markgrafen

von Peter Pretsch

Auf dem 1874 stillgelegten Alten Friedhof an der Kapellenstraße sind noch viele für die Karlsruher Stadtgeschichte interessante Grab- und Denkmäler vorhanden. Der Förderverein Karlsruher Stadtgeschichte hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese in Kooperation mit dem Stadtarchiv in einem derzeit entstehenden Onlineprojekt der Öffentlichkeit zu präsentieren, verbunden mit biographischen Angaben zu den mitunter recht bedeutenden aber auch weniger bekannten Persönlichkeiten, die dort begraben sind. Als Beispiel sei hier das Grabmal von Dorothea Weiß vorgestellt. Sie stand zum badischen Haus in enger Beziehung, da sie die Geliebte von Markgraf Maximilian von Baden war, mit dem sie eine gemeinsame Tochter bekam. Das tragische Schicksal der Tochter Ernestine, die 1856 den Herzog von Bevilacqua heiratete, aber nur knapp zwei Jahre später starb, ist in der Ausgabe des Blicks in die Geschichte vom 18. Dezember 2020 nachzulesen. (Link zum Artikel)

Johann Grund: Dorothea Weiß, Öl auf Karton, 1837

Die Mutter Dorothea Weiß wurde am 4. Februar 1802 in Neuenbürg in Württemberg geboren. Ihre Eltern waren der Bruchsaler Amtsaktuar Friedrich Weiß und seine Frau Elisabeth, geb. Löblin. Wie sich Markgraf Maximilian und Dorothea kennengelernt haben, ist nicht bekannt. Am 26. August 1830 brachte sie ihre Tochter in Heidelberg zur Welt und wurde von Maximilian seitdem materiell unterstützt. Später zog sie nach Karlsruhe in eine Wohnung in der Herrenstraße, deren Miete der Markgraf ebenfalls übernahm. Es handelt sich nicht um eine kurzfristige Liaison, sondern das Verhältnis blieb wohl bis zu ihrem Tode am 3. April 1850 bestehen. Maximilian finanzierte nämlich ihren mit einem persönlichen Bibelspruch versehenen Grabstein in der Gruftenhalle des damaligen städtischen Friedhofs.

Über die Todesursache der mit 48 Jahren noch relativ jung gestorbenen Frau ist nichts bekannt. Vor kurzem ist aber ein Portraitgemälde in Familienbesitz aufgetaucht, das sie noch in voller Schönheit präsentiert. In der Familienüberlieferung als "die Weißin, Geliebte eines Markgrafen" bezeichnet, konnte man dort mit diesen Angaben nicht mehr viel anfangen, bis man auf die Recherchen des Verfassers stieß. Es handelt sich um eine qualitätvolle Arbeit des Hofmalers Johann Grund, der auch sonst für die markgräfliche Familie tätig war. Sie zeigt Dorothea Weiß in der Mode der Zeit mit Ohrschmuck und kunstvoller Frisur. Der Maler hat das Bild signiert und mit der Jahreszahl 1837 datiert. Man kann davon ausgehen, dass ihr Geliebter selbst das Bild in Auftrag gegeben hat.

Grabmal von Dorothea Weiß, Gruftenhalle, Alter Friedhof

Auf verschlungenen Wegen ist es dann in den Besitz der Familie gekommen, wahrscheinlich über den mit der Familie verwandten Kammerdiener Carl Ratzel, der seit 1846 in markgräflich-badischen Diensten stand. Die markgräfliche Familie hatte nach dem Tod des ledig gebliebenen Maximilian sicher wenig Interesse an dem Bild, das sie sonst immer an eine nicht standesgemäße Beziehung erinnert hätte. Umso schöner ist es, dass es sich in Privatbesitz erhalten hat, und wir nun nicht nur ihren Grabstein sehen können, sondern auch ihr Portrait in jungen Jahren.

Dr. Peter Pretsch, Leiter des Stadtmuseums im Prinz-Max-Palais i. R.

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