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Blick in die Geschichte Nr. 107

vom 19. Juni 2015

Biographie Johannes Sembach

Im von Markgraf Karl Wilhelm im September 1715 erlassenen Privilegienbrief, der möglichst viele Menschen anlocken sollte, sich in der neuen Residenz Karlsruhe niederzulassen, war auch festgehalten worden, eine niedere Gerichtsbarkeit für das neue Gemeinwesen einrichten zu wollen. Im März 1718 wollten 55 Bürger der jungen Stadt nun selbst eine Gemeindeordnung geben, nachdem das Vorhaben ins Stocken geraten war und sie wählten den Waldhornwirt Johannes Sembach zu ihrem Bürgermeister, von dem kein Porträt überliefert ist.

Erster Karlsruher Stadtrechnungsband mit einer von Bürgermeister Johannes Sembach unterschriebenen Abrechnung

Sembach war am 5. März 1671 in Straßburg als Sohn einer Kaufmannsfamilie geboren und lutherisch getauft worden, wie jüngste Recherchen durch den Verfasser in den Straßburger Kirchernbüchern ergeben haben. Der Genealoge Armin G. Meyer fand weitere Daten zur Familiengeschichte heraus: Sembachs Vater Balthasar starb 1703. Vielleicht hatte der Sohn von ihm Vermögen geerbt. Sein Wegzug von Straßburg hing vielleicht aber auch damit zusammen, dass die Stadt 1681 durch Annektion französisch geworden war. Protestanten wurden zwar im Gegensatz zum übrigen Frankreich nach dem 1685 erlassenen Edikt von Nantes dort weiter geduldet, durften aber keine öffentlichen Ämtern mehr bekleiden. 1693 war dem Ehepaar Johannes und Maria Barbara Sembach 1693 noch in Straßburg ein Sohn geboren worden. Wohl zwischen 1703 und 1710 zog die kleine Familie nach Mühlburg, wo Sembach mit seiner Frau zwei Wirtshäuser betrieb, wie es in den Mühlburger Kirchenbüchern und einem Einwohnerverzeichnis überliefert ist.

Im Vorfeld der Stadtgründung von Karlsruhe zog Sembach mit seiner Familie 1714/15 von Mühlburg nach Durlach und wurde dort Hintersasse. Noch 1715 wollte sich Sembach in Karlsruhe in der späteren Kronenstraße ein modellmäßiges Haus erbauen. Wenig später übernahm er jedoch die Waldhornwirtschaft, damals die einzige Gaststätte in der neuen Residenz, die bereits vor der Stadtgründung bestanden hatte und 1712 erstmals erwähnt wird. Der Schlussstein des Gebäudes hat sich noch erhalten und ist heute im Karlsruher Stadtmuseum ausgestellt. (siehe Blick in die Geschichte, Bd. 1, 1994, S. 282 ff.) Sembach erweiterte 1717 das Gasthaus um ein daran stoßendes Eckhaus an der Waldhornstraße zur Langen Straße in der Nähe des damals dort noch befindlichen Durlacher Tores. Hier wurden in den Anfangsjahren der Stadt die Lateinische Schule und die Ratssitzungen abgehalten. Sembach selbst scheint mit seiner neuen Funktion als Bürgermeister überfordert gewesen zu sein, denn seine mangelnde Zuverlässigkeit bei der Führung der Stadtrechnungen wurde des Öfteren beklagt und er scheint auch keine Ratsprotokolle geführt zu haben. Obwohl anfangs hoch angesehen -bei der Taufe seiner Enkelin 1718 in der Schlosskapelle waren als Paten der Markgraf und dessen Gemahlin und andere Mitglieder des Hofstaates anwesend-, wurde sein Tod am 20. August 1720 im Kirchenbuch nur noch lapidar erwähnt. Das Gasthaus zum Waldhorn wurde von seinem gleichnamigen Sohn und der Witwe noch fast vier Jahrzehnte weitergeführt. Der Schwiegersohn von Johannes Sembach junior, Heinrich Lung, erwarb die Wirtschaft 1758, riss sie ab und erbaute an ihrer Stelle eine neues der Bauordnung von 1752 entsprechendes zweistöckiges Haus, "mit 12 Stuben, 6 Kammern, 23 Gastbetten und Stallungen für 24 Pferde".

Gasthaus "Zum Laub", Kaiserstraße 16, um 1920

Auf dieses Gebäude wurde damals das Schild "Zum Drachen" übertragen. Im 19. Jahrhundert wurde es als Gasthaus zum Ritter betrieben und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war es das "Laub", von dem sich ein Foto im Stadtarchiv erhalten hat. Nach Kriegszerstörung und Wiederaufbau befindet sich an seiner Stelle heute das große Mietshaus Kaiserstraße 18 mit einer Buchhandlung im Erdgeschoss.

Dr. Peter Pretsch

Der Autor ist Leiter des Karlsruher Stadtmuseums im Prinz-Max-Palais.

 

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