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Blick in die Geschichte Nr. 111

vom 17. Juni 2016

Biographie Johann Michael Ludwig Rohrer

Von dem Baumeister, der in jüngster Zeit als "großer Meister kleiner Formen" Würdigung findet, existiert kein zeitgenössisches Bild. Nur ein Phantasieporträt in einem Glasfenster des Ettlinger Rathauses von 1960 zeigt Rohrer bei der Übergabe seines Plans für den Wiederaufbau der St. Martinskirche an Markgräfin Sibylla Augusta. Ihr und seit 1727 ihrem Sohn Ludwig Georg diente Rohrer 25 Jahre als Hofbaumeister und schuf in dieser Zeit einige der schönsten barocken Bauwerke des Landes Baden, in denen sich Anregungen der französischen Baukunst, des römischen Hochbarock sowie des süddeutschen und Wiener Spätbarock finden.

Phantasieporträt von Johann Michael Ludwig Rohrer in einem Glasfenster des Ettlinger Rathauses

Geboren wurde Rohrer 1683 in Tissau in Nordböhmen (heute Otročin-Tisová) als Sohn des Müller-, Zimmer- und Brunnenmeisters Michael Anton Roher, der im Dienst von Herzog Julius Franz von Sachsen-Lauenburg stand und an dessen Residenz in Schlackenwerth (heute Ostrov nad Oh?í) arbeitete. Er ging wohl bei seinem Vater in die Lehre und übersiedelte mit der ganzen Familie 1697 nach Rastatt. Der Grund dafür war, dass der Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden-Baden, der Türkenlouis, mit seiner Ehefrau Sibylla Augusta, der Enkelin des Herzogs von Sachsen-Lauenburg, in seine Heimat zurückging, nachdem sich seine Hoffnung König von Polen zu werden, zerschlagen hatte. Dort in Rastatt ließ er sich von Domenico Egidio Rossi eine neue Residenz bauen. Da es in Rastatt aber nicht genügend Handwerker gab, zog die gesamte Schlackenwerther Bauhütte, und damit auch die Familie Rohrer, nach Rastatt.

Nach dem Tod des Türkenlouis 1707 übernahm die 32-jährige Markgräfin Sibylla Augusta die Regentschaft. Aus Kostengründen und wegen Auseinandersetzungen mit Rossi ernannte sie 1707 den erst 24-jährigen Rohrer zum neuen Hofbaumeister. In den darauf folgenden 25 Jahren verantwortete Rohrer die Um- und Anbauarbeiten am Rastatter Residenzschloss, dem ältesten und zweitgrößten südwestdeutschen Barockschloss. Er plante das Lustschloss Favorite mit Park und Eremitage in Rastatt, die Kirche St. Valentin in Daxlanden (1715) sowie die Einsiedlerkapelle (1715), die Schlosskirche (1719-21) und die Pagodenburg (1722) in Rastatt. 1723-1727 plante er - von Sibylla Augusta ausgeliehen - im Auftrag des Fürstbischofs von Speyer, Damian Hugo von Schönborn, in Bruchsal den Ausbau des Kammerflügels des Schlosses, die Orangerien sowie das Damianstor und entwarf die ersten Pläne für das Corps de Logis. Ab 1728 plante der Baumeister für Sibylla Augusta in Ettlingen den Wiederaufbau sowohl des im pfälzischen Erbfolgekrieg zerstörten Ettlinger Schlosses wie der ebenfalls zerstörten St. Martinskirche. Deren Fertigstellung erlebte Rohrer nicht mehr. Er starb in Ettlingen am 24. April 1732 und hinterließ seine Ehefrau Maria Franziska mit zwei 1711 und 1713 geborenen Söhnen.

Manfred Fellhauer, Dipl.-Finanzwirt (FH)

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