Menü
eService
Direkt zu
Suche
eService – Ihr Anliegen bequem Online erledigen
Karlsruhe interaktiv – wichtige Website-Funktionen

Blick in die Geschichte Nr. 116

vom 15. September 2017

Alexandra von Berckholtz

Eine bedeutende Karlsruher Porträtmalerin und Mäzenin

von Natalie Gutgesell

2014 präsentierte die Städtische Galerie Karlsruhe in einer Ausstellung von Werken aus ihrem Bestand ein Brautbild im Oval der Karoline Friedrich, geborene Heilig. Das Bildnis stammt aus der Hand der Karlsruher Porträtistin Alexandra von Berckholtz, die dieses 1861 anlässlich der Hochzeit der Freundin ihrer Familie schuf.

Alexandra von Berckholtz, die eine der herausragendsten Bildnismalerinnen des 19. Jahrhunderts war, lebte ab 1833 in Karlsruhe. Während ihre Künstlerfreunde Karl Friedrich Lessing oder Anton von Werner sich in ihren Porträts in erster Linie Männern widmeten, malte sie die Frauen in deren Umfeld. So entstanden z. B. 1858 und 1863 Gemälde der Bertha Lessing, der Tochter des Historienmalers, und 1857 eines der Marie Scheffel, der Schwester des Malerdichters Joseph Victor von Scheffel.

Richard Lauchert, Alexandra von Berckholtz, Öl auf Leinwand

Die Künstlerin wurde am 26. August 1821 in Riga als jüngste Tochter des Großkaufmanns Gabriel Leonhard von Berckholtz und seiner Frau Barbara geboren. 1825 wanderte die Familie aus dem Baltikum aus und ließ sich nach Jahren des Reisens durch Europa 1833 in Karlsruhe nieder. Der Vater erwarb in der Stadt ein prächtiges, durch den Weinbrenner-Schüler Friedrich Arnold erbautes, Palais in der Karlstraße 26. Von 1833 bis 1843 ließ er das Schloss Ortenberg durch den Architekten Friedrich Eisenlohr wieder aufbauen und kaufte in Karlsruhe ein zweites Haus, in der Sophienstraße 2 und ein Grundstück zwischen Sophienstraße, Karlstor und Kriegsstraße, in dem er ab 1850 nach der Mode der Fürstengärten der Zeit einen großräumigen Park mit Gewächshaus und Springbrunnen anlegte.

Das Palais Berckholtz in der Karlstraße wurde zu einem der wichtigsten Salons, in dem neben Künstlern, Schauspielerinnen, Sängern und Literaten auch die Großherzogin Sophie von Baden und ihre Tochter Alexandrine zu Gast waren. Von der Prinzessin ist eine Zeichnung von Alexandra von Berckholtz in Privatbesitz erhalten, die sie 1842 kurz vor deren Hochzeit mit Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha aufnahm. Ein häufiger Besucher des Berckholtz'schen Zirkels war Karl Weltzien einer der Karlsruher Pioniere der Chemie als moderner Wissenschaft. Er wohnte in seinem auch heute noch nach ihm benannten Wohnhaus gegenüber in der Karlstraße. Von seiner Ehefrau Anna Leontine, geborene König, malte Alexandra von Berckholtz ein Porträt, dessen Verbleib heute unbekannt ist.

Ihre künstlerische Ausbildung erhielt Alexandra von Berckholtz in Karlsruhe ab 1841 bei dem badischen - und später auch als Fotograf tätigen - Hofmaler Louis Wagner, der sein Atelier in der Hirschstraße 30 hatte. Ein Abzug der Lithografie seiner Schülerin vor der Staffelei nach einer 1845 von Wagner aufgenommenen Zeichnung befindet sich im Stadtarchiv Karlsruhe. Auf dieser sieht man Alexandra, wie sie gerade an einem Bildnis ihrer Mutter malt.

Von 1847 bis 1854 lebte Alexandra von Berckholtz in Paris und studierte bei dem Historienmaler Joseph-Nicolas Robert-Fleury. Am 11. Mai 1850 findet sich ihr Name auf den Kopistenlisten des Louvre.

1854 kehrte sie nach Karlsruhe zurück und nahm Unterricht bei Ludwig Des Coudres und Richard Lauchert, von denen Letzterer sie bildkünstlerisch in der Figurenzeichnung und Bildinszenierung entscheidend prägte. Der hohenzollernsche Hofmaler Lauchert war - wie sein Lehrer und Freund Franz Xaver Winterhalter - über Europa hinaus als Porträtist an sämtlichen Höfen und in zahlreichen Adelsfamilien tätig. In diesem Kontext vermittelte er auch Alexandra von Berckholtz Aufträge, wie zum Beispiel ein Bildnis der Fürstin Katharina von Hohenzollern-Sigmaringen, das sich heute in der Erzabtei Beuron befindet. Auch Winterhalter soll einer der Lehrer Alexandras gewesen sein. Dies ist stilistisch nicht unwahrscheinlich, es konnten jedoch keine eindeutigen Beweise dafür erbracht werden. Wahrscheinlicher ist jedoch Hans Canon als ihr Karlsruher Lehrer. 1863 porträtierte dieser Alexandras Vater, und sie kopierte das aufsehenerregende Bildnis des Johann Wilhelm Schirmer, das Canon innerhalb von lediglich vier Stunden in Karlsruhe gemalt haben soll. Sein Bildnis des Freiherrn von Berckholtz befindet sich im Bestand der Städtischen Galerie Karlsruhe.

1863 zog Alexandra von Berckholtz nach München um, wo sie in der Gabelsbergerstraße 85 lebte und zum engen Kreis um den Malerfürsten Franz von Lenbach gehörte. 1876/77 arbeitete die Künstlerin mit der Schweizer Blumenmalerin Theresia Maria Hegg-de Landerset in Nizza zusammen und widmete sich ab dieser Zeit vermehrt auch dem Stillleben. Dieses setzte sie im Aquarell und in duftigen frei schwebenden Pflanzen sowie im Gemälde in Öl auf Holz in Annäherung an den niederländisch-flämischen Stil um. Auf zahlreichen Ausstellungen in München und Berlin präsentierte sie ihre Stillleben, von denen auch Maximilian von Baden 1897 drei erwarb. Das Haus Baden war zu diesem Zeitpunkt bereits im Besitz zweier weiterer Berckholtz-Werke, eines Rosenstilllebens und eines Blumenstilllebens mit Weinglas und Trauben, die sich heute in Privatbesitz in Ortenberg befinden.

Am 16. März 1899 verstarb Alexandra von Berckholtz in München. In ihrem Testament bedachte sie zahlreiche wohltätige Organisationen mit großen Summen, wie den Karlsruher Frauenverein mit 2.000 Mark. Ihr Neffe Wilhelm Offensandt von Berckholtz, Sohn ihrer Schwester Elisabeth, erhielt den Großteil ihres Vermögens. Er hinterließ nach seinem Tod 1909 eine Summe von 700.000 Mark der Diakonissenanstalt Karlsruhe, mit der Auflage, ein Wohnhaus für alte und gebrechliche Frauen zu errichten. Bis zum heutigen Tag leistet die Berckholtz-Stiftung in der Seniorenpflege der Stadt Karlsruhe mit ihrem Haus in der Weinbrennerstraße 60 einen wertvollen Beitrag, um nur eine der vielen Stiftungen der Familie zu nennen.

Die Mäzenin Alexandra von Berckholtz war eine stilistisch vielseitige Malerin. Mit ihren Bildnissen, die ihre Wurzeln im gründerzeitlichen Porträt haben, verändert sie die traditionelle Umsetzung des Adelsporträts. Ihre psychologischen Momentaufnahmen rücken die Dargestellten ohne Standesattribute näher an den Betrachter heran. Auf den ersten Blick vermag man den Freiherrn nicht vom Diener zu unterscheiden, gleichermaßen würdevoll sind beide präsentiert.

Die Skizzenbücher der Künstlerin vermitteln eine Soziologie des Reisens im 19. Jahrhundert und einen Querschnitt durch ihr persönliches Netzwerk. Diesen gewährt auch ein Album mit Lithografien der Familie bekannter Vertreter des Adels und Hochadels von Brasilien bis Russland - neben einem Karlsruher Medienskandal mit tödlichen Folgen, mehr sei an dieser Stelle nicht verraten.

Ihr Leben offenbart Spuren zu zahlreichen prominenten Persönlichkeiten, beispielsweise zu dem Luftschiffkonstrukteur Ferdinand Graf von Zeppelin, dem Komponisten Richard Wagner oder dem Maler Anselm Feuerbach.

Alexandra von Berckholtz, Gottfried von Berckholtz, Bleistift und Buntstift in Rot

Elf ihrer Gemälde gelangten in den Bestand des Museums im Ritterhaus Offenburg, des Augustinermuseums Freiburg, der Gemeinde Ortenberg/Baden, der Städtischen Galerie und des Generallandesarchivs Karlsruhe, wie ein Porträt des vierjährigen Gottfried von Berckholtz, der in keiner Stammfolge der Familie auftaucht, und der daher einige Rätsel aufgibt. In der Kunstgeschichte war Alexandra von Berckholtz vergessen worden. Ab 2014 wurde in einem Forschungsprojekt ihr bildkünstlerischer Nachlass weitgehend wieder zusammengetragen und in einer Monografie veröffentlicht.

Dr. Natalie Gutgesell, Kunsthistorikerin, Lichtenfels (Oberfranken), Berlin

Von der Autorin ist erschienen: Alexandra von Berckholtz - Malerin und Mäzenin im 19. Jahrhundert, Halle (Saale) 2017.

-

Kopieren Kopieren Schreiben Schreiben