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Blick in die Geschichte Nr. 138

vom 17. März 2023

Die katholische Gemeinde Wolfartsweier

Vom Filialort zur Gemeinde St. Margaretha

von Heinz Bölle

 

Nach Einführung der Reformation in der Markgrafschaft Baden-Durlach durch Markgraf Karl II. im Jahr 1556 wurde auch Wolfartsweier ein evangelischer Ort. So wurde in Visitationsberichten evangelischer Pfarrer immer wieder vermerkt, dass es "keine Verächter des ordentlichen Gottesdienstes und keine fremde Religionsverwandte" in Wolfartsweier gebe. Daran änderte sich auch nichts, als die katholische Markgrafschaft Baden-Baden 1771 an das protestantische Baden-Durlach fiel und es zu einem Nebeneinander der verschiedenen Konfessionen in der vereinigten Markgrafschaft und dem späteren Großherzogtum kam.

 

Die Errichtung der Pfarrgemeinde St. Thomas Grünwettersbach

Auch in Wolfartsweier, das Filialort der Pfarrgemeinde St. Peter und Paul in Durlach war und nach 1945 zunächst auch blieb, stieg erst nach Kriegsende - zunächst durch den Zuzug und die Aufnahme von Flüchtlingen, vor allem aus dem Osten Deutschlands und Europas, später im Zuge der allgemein zunehmenden Mobilität und der Erschließung neuer Baugebiete - der Anteil der Katholiken an der Gesamtbevölkerung nennenswert an. Wurden 1901 nur fünf katholische Einwohner gezählt, waren es in den Jahren 1950 und 1965 bereits 189 bzw. 374 und Mitte der 1980-er Jahre über 1000. Seither geht die Katholikenzahl wieder zurück. Da in den anderen sogenannten Bergdörfern südöstlich von Karlsruhe eine ähnliche Entwicklung zu verzeichnen war, errichtete das Erzbischöfliche Ordinariat 1949 für Hohenwettersbach, Grünwettersbach, Palmbach und Wolfartsweier zunächst eine selbstständige Seelsorgestelle (Expositur) und dann ab 1954 die Pfarrkuratie Hohenwettersbach, das als einziger dieser Orte damals über eine katholische Kirche verfügte. 1958 erfolgte dann die Umbenennung in Pfarrkuratie Grünwettersbach, nachdem dort eine neue, größere, dem hl. Thomas geweihte Kirche und ein neues Pfarrhaus errichtet worden waren. In Wolfartsweier sollte es noch fast 30 Jahre dauern, bis 1987 die neue katholische Kirche St. Margaretha als Filialkirche von St. Thomas eingeweiht werden konnte. Mit der Erhebung der Kuratie zur Pfarrgemeinde im Jahr 1974 fand die 1949 begonnene Neuordnung der kirchlichen Struktur für die Katholiken in den sogenannten Bergdörfern zunächst ihren Abschluss.

Kirche St. Margaretha 1989

Die Strukturreformen in der Erzdiözese Freiburg

Die Pfarrei St. Thomas bildete bis 2002 den Rahmen des Gemeindelebens in den vier Bergdörfern. Bereits zuvor zeichnete sich jedoch für die gesamte Erzdiözese Freiburg die erste Strukturreform auf der örtlichen pastoralen Ebene ab. Am 15. Juni 1999 wurden die "Richtlinien für Seelsorgeeinheiten" erlassen, mit denen dem sich ständig vergrößernden Priestermangel Rechnung getragen werden sollte. Im Grunde wurde eine neue Kooperationsform zwischen weiterhin selbstständigen Pfarreien geschaffen, die auf der Grundlage von Verträgen zu verwirklichen war. Die Pfarrgemeinde St. Thomas hatte eine Seelsorgeeinheit mit der Nachbarpfarrei St. Cyriakus Stupferich zu bilden. Der Kooperationsvertrag wurde im November 2001 geschlossen und die Seelsorgeeinheit Karlsruhe-Grünwettersbach-Stupferich zum 19. Mai 2002 offiziell errichtet. Ein Pfarrer und eine hauptberufliche pastorale Mitarbeiterin bzw. ein hauptberuflicher pastoraler Mitarbeiter (wie faktisch schon seit 1999) hatten statt einer jetzt zwei Pfarrgemeinden zu betreuen. In allen Kirchen der Seelsorgeeinheit musste nun die Zahl der Gottesdienste reduziert werden. So fand in Wolfartsweier nicht mehr jede Woche eine Sonntags- oder Vorabendmesse statt, sondern nur noch alle zwei Wochen in der Regel eine Vorabendmesse.

Gleichwohl arrangierten die Katholiken in beiden Pfarrgemeinden sich mit den neuen Gegebenheiten. 2005 und 2010 wurde sogar ein gemeinsamer Pfarrgemeinderat für die ganze Seelsorgeeinheit gewählt. Aber die neue Pastoralstruktur konnte sich nicht wirklich konsolidieren. Denn schon am 24. März 2013 erließ der Erzbischof von Freiburg neue an der Zahl der zur Verfügung stehenden Priester orientierte Richtlinien. Die neuen Einheiten waren nicht nur räumlich größer, sondern sie erhielten auch den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts und damit einer rechtsfähigen Kirchengemeinde, den die Gemeinden verloren. So umfasst die am 1. Januar 2015 errichtete Seelsorgeeinheit Karlsruhe-Durlach-Bergdörfer die Pfarrgemeinden St. Thomas Grünwettersbach (mit Hohenwettersbach, Palmbach und Wolfartsweier), St. Peter und Paul Durlach, St. Johannes Durlach-Aue, Heilig Kreuz Grötzingen und St. Cyriakus Stupferich. Die Gottesdienstordnung musste erneut geändert werden; in Wolfartsweier wird derzeit noch eine heilige Messe im Monat gehalten. Und die nächste Strukturreform in der Erzdiözeses zeichnet sich bereits ab. Für ganz Karlsruhe ist noch eine (Groß-) Pfarrei vorgesehen, zu der auch Eggenstein-Leopoldshafen gehören soll.

 

Aus dem Gemeindeleben in Wolfartsweier

Das Gemeindeleben verzeichnete zunächst eine über Jahrzehnte anhaltende deutliche Aufwärts-, etwa seit 2000 aber wieder eine allmähliche Abwärtsbewegung. Nach der Errichtung der Pfarrkuratie St. Thomas Grünwettersbach entwickelte sich langsam auch wieder eine katholische Gemeinde in Wolfartsweier. Der neue Gymnastiksaal der Volksschule konnte ab Juli 1966 sonntags für katholische Gottesdienste genutzt werden. Bereits 1962 waren zu Dreikönig wieder Sternsinger unterwegs. Vor allem aber nach dem Neubau der Kirche St. Margaretha mit Gemeindezentrum und Mesnerhaus entwickelte sich ab 1987 ein reges und vielfältiges Gemeindeleben: Es gab regelmäßige Sonn- und Werktagsgottesdienste in der Kirche und zu Weihnachten und Ostern auch große feierliche Messfeiern; es entstanden u. a. eine sehr aktive Frauengruppe, eine Ministrantengruppe und zwei Jugendgruppen. Im Gemeindezentrum wurde eine florierende öffentliche Bücherei eingerichtet und es gab immer wieder Ausstellungen zu den verschiedensten Themen und nach dem Kauf einer Pfeifenorgel 2010 zweimal im Jahr Kirchenkonzerte.

Diese positive Entwicklung war allerdings nicht von Dauer. Die neuen Gruppierungen lösten sich nach und nach wieder auf. Die Zahl der Messfeiern an den Wochenenden wurde mit Einführung der Seelsorgeeinheiten - wie ausgeführt - immer weiter reduziert, die zuletzt noch 14-tägig gehaltene Werktagsmesse wurde 2020 ganz eingestellt. Gradmesser für das nachlassende Engagement sind  auch die Pfarrgemeinderatswahlen: Während sich 1969 in der gesamten Pfarrgemeinde St. Thomas noch 27 Kandidatinnen und Kandidaten um die zu vergebenden zwölf Sitze bewarben und die Wahlbeteiligung bei 38 % lag, gingen bei den beiden letzten Wahlen zum Pfarrgemeinderat der Seelsorgeeinheit Karlsruhe-Durlach-Bergdörfer jeweils nur noch rund 5 % der Wahlberechtigten in der Pfarrgemeinde St. Thomas zur Wahl und es kandidierten nur noch jeweils drei Personen.

Der Altarraum von St. Margaretha 2017

Die Kirche St. Margaretha

Der Neubau der Kirche St. Margaretha von 1984 bis 1987 war ein Jahrhundertprojekt und das herausragende Ereignis der Nachkriegszeit. Die Vorgeschichte des Kirchenbaus beginnt bereits 1964 mit der Beantragung eines Baugrundstücks im neuen Bebauungsplan westlich der B3 (heute Steinkreuzstraße). Nach über zwei Jahrzehnten sicherte letztlich die Erbringung von 5.836 Stunden an Eigenleistungen der Kirchenmitglieder aus allen vier Teilorten die Fertigstel-lung des Baus in einem Zug. St. Margaretha heißt die Kirche, weil bereits die frühere katholi-sche Kirche in Wolfartsweier (die heutige evangelische Jakobskirche) vor der Einführung der Reformation in Baden-Durlach diesen Namen getragen hatte. Geschichtliche Bezüge werden auch mit einzelnen Ausstattungselementen hergestellt: In der Seitenkapelle befinden sich zwei behauene Steine aus der Entstehungszeit des früheren Klosters Gottesaue, zu dessen Besitzungen Wolfartsweier nach einer Papsturkunde aus dem Jahr 1261 einst gehörte; außerdem zierte das ebenfalls in der Seitenkapelle befindliche Marienbild mindestens bis 1900 einen Seitenal-tar in der Schlosskapelle der Karlsburg in Karlsruhe-Durlach, die früher auch den Wolfartsweierer Katholiken als Gottesdienstraum diente.

Heinz Bölle, Vorsitzender des Vereins für die Geschichte von Wolfartsweier e. V.

Ausführlich zum Thema informiert der Beitrag des Autors "Die katholische Gemeinde von 1973 bis 2023, in: Heinz Bölle/Ernst Otto Bräunche/Sigrid Faigle-Kirchenbauer (Hrsg.), Wolfartsweier und Karlsruhe. 1973-2023. 50 Jahre Stadtteil", Verlag Regionalkultur, Ubstadt-Weiher 2022.

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