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Blick in die Geschichte Nr. 140

vom 15. September 2023

Carlsruher Blickpunkte

Waldstraße 5-9 - Erinnerung an die Stadtgründung

von Peter Pretsch

 

Bei der Gründung seiner Residenz Karlsruhe hatte Markgraf Karl Wilhelm von Baden-Durlach nicht nur den fächerförmigen Stadtgrundriss vorgegeben. Sein absolutistischer Herrschaftsanspruch offenbarte sich auch in der vorgeschriebenen Bauweise der Häuser. Die Ministerien am Zirkel, Rathaus und Gymnasium durften zweistöckig und die normalen Bürgerhäuser nur einstöckig mit Mansardendach in einer Fachwerkkonstruktion, die außen verputzt war, erbaut werden. Das Schloss als Scheitelpunkt des bebauten Fächers war dreistöckig.
 

Das frisch renovierte Bauensemble Waldstr. 5-9 zwischen Kunstvereinsgebäude und Neubau der BBBank

Aus dieser frühen Phase sind bis heute nur sechs Bürgerhäuser erhalten geblieben: das Gebäudeensemble Waldstr. 5-9, die Waldstraße 17, dessen Bausubstanz bis 1718 zurückreicht, das sogenannte Seilerhäuschen Kaiserstr. 47, heute Kulturküche, das 1723 errichtet wurde, und das benachbarte Gebäude Kaiserstr. 45, das als Gasthaus zum Wilden Mann 1753 erstmals erwähnt wird, aber schon weit früher erbaut worden sein dürfte.

Eine neue Bauordnung von Karl Wilhelms Nachfolger Markgraf Karl Friedrich schrieb  1752 die zweistöckige Bauweise aus Stein vor. Bei den Häusern Nr. 5 und 7 wurde das Mansardendach durch ein zweites Stockwerk ersetzt, während sich der Hausbesitzer von Nr. 9 ähnlich wie der des Seilerhäuschens entschloss, dem erhöhten Dachgeschoss mit den Mansarden lediglich eine Scheinfassade vorzublenden. So entspricht auch das äußere Erscheinungsbild von Waldstr. 9 noch am ehesten dem Modell von 1715. Ursprünglichen betrieb der Eichelwirt Sebastian Stüber im Haus Nr. 9 seit 1722 eine Wirtschaft, sein Haus hatte als einziges von Anfang an einen heute noch erhaltenen gewölbten Keller, während die Kellerräume in den Nachbargebäuden nachgerüstet worden sind. Seit 1754 betrieb Schuhmacher Johannes Conset wie schon zuvor sein Vater in Nr. 5 sein Handwerk, auf das heute noch der Schlussstein mit einem Stiefel, der Jahreszahl und seinem Namen über der gemeinsamen Tür von Nr. 5 und 7 hinweist. Nr. 7 beherbergte eine Schneiderei, deren Besitzer Gastel seit 1790 auch im Stadtrat saß. Erbaut wurden beide Häuser aber bereits 1719/20.

Im Verlauf des 19. und 20. Jahrhunderts wurden im Erdgeschoss der Gebäude kleine Geschäfte betrieben, die Ladeneinbauten notwendig gemacht hatten. Das blieb auch noch eine Zeitlang so, nachdem die benachbarte Badische Beamtenbank die Gebäude seit den 1960er Jahren erworben hatte, da man dort einen Erweiterungsbau plante. Seit 1985 standen die Häuser leer und verfielen nach und nach. Da sie unter Denkmalschutz standen, konnte man sie aber nicht ohne weiteres abreißen.

Innenraum im Obergeschoss der neuerbauten Rückseite der Häuser mit Stahlträgern, die die ehemaligen Trennwände zwischen den Häusern markieren

Zudem war die Stadtgesellschaft vor allem in der Person des damaligen Bürgervereinsvorsitzenden Stadtmitte Horst Pampel auf das Ensemble aufmerksam geworden und forderte die Erhaltung der Häuser. Deshalb entschloss sich die Bank schließlich, die Häuser zu restaurieren. Bei der Untersuchung der Bausubstanz stellte sich heraus, dass die Gebäude nur noch teilweise erhalten werden konnten. Die Architektengemeinschaft des Büros für Baukonstruktionen fand dafür eine auch die Denkmalpflege überzeugende Lösung, indem sie die Fassaden und noch zu rettende Gebäudeteile mit einem Neubau verband, der im Inneren durch eine Stahltragkonstruktion noch die ursprüngliche Gestalt der Häuser veranschaulicht. Die Fassaden zur Waldstraße wurden restauriert und die unharmonischen Schaufenster durch in die Symmetrie passende Fenster ersetzt. Auch einige Fachwerkkonstruktionen im Inneren konnten erhalten werden. Alle Häuser wurden räumlich großzügig miteinander verbunden, so dass sie sich auch für eine kulturelle Nutzung eignen. Dies wurde schon bei der Einweihung des renovierten und in großen Teilen neu erbauten Ensembles mit einer Majolikaausstellung im Frühsommer 2010 deutlich. Seit mehr als zehn Jahren werden die Häuser aber nur noch als Büroräume von der Bank genutzt und sind nicht öffentlich zugänglich. Angesichts der Bedeutung der Häuser für die Karlsruher Stadtgeschichte wäre eine erneute Zugänglichkeit ggf. mit einer anderen Nutzung mehr als wünschenswert.

Dr. Peter Pretsch, Leiter des Stadtmuseums Karlsruhe i. R.

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