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Blick in die Geschichte Nr. 125

vom 6. Dezember 2019

Biographie Gerda Krüger-Nieland

Gerda Krüger-Nieland zählt zu den großen Richterpersönlichkeiten der Anfangszeit des Bundesgerichtshofs. Über 27 Jahre gehörte sie dem Gericht an. Auch nach Eintritt in den Ruhestand blieb sie in Karlsruhe wohnhaft. 2009 wurde ihr zu Ehren im Neureuter "Juristenviertel" eine Straße benannt.

Gerda Krüger-Nieland (1910 - 2000)

Am 22. Juni 1910 wurde sie in Bremen geboren und zog, als ihr Vater 1919 an das Reichsgericht berufen wurde, mit ihren Eltern nach Leipzig. Dort legte sie 1929 das Abitur ab und studierte anschließend in Leipzig und Freiburg i. Br. Rechtswissenschaften. Mit ausgezeichnetem Ergebnis bestand sie 1933 das Referendar- und 1938 das Assessorexamen. Gleiches gilt für ihre wegweisende Dissertation zum verlagsrechtlichen Bestellvertrag. Ihr Wunsch, als Richterin arbeiten zu können, scheiterte an der rigorosen NS-Praxis, Frauen den Zugang zum Richter- und Rechtsanwaltsberuf zu verweigern. Als Nichtparteimitglied und mit dem in einem ihrer Ausbildungszeugnisse enthaltenen Vermerk "Verweigert den Hitlergruß" hätte sie wohl auch kaum den damaligen Einstellungsvoraussetzungen entsprochen. Deshalb arbeitete sie zunächst als Justitiarin in einem schlesischen Industrieunternehmen und nach Kriegsbeginn als Vertreterin von zum Wehrdienst eingezogenen Rechtsanwälten. Im September 1945 bewarb sie sich in Hamburg, wo sie einen Teil ihrer Kindheit verbracht hatte, bei der hanseatischen Justizverwaltung um eine Richterstelle. Als ihre Bewerbung dilatorisch behandelt wurde, entschloss sie sich, als Rechtsanwältin tätig zu sein. 1946 erhielt sie ihre Zulassung, im selben Jahr heiratete sie den Regisseur und späteren Intendanten Detlef Krüger. Aus dem Anwaltsstand wurde sie am 4. Mai 1951 zur Bundesrichterin ernannt, auch heute noch ein ganz seltener Weg.

Im Bundesgerichtshof wurde sie dem I. Zivilsenat zugewiesen, der in erster Linie für den gewerblichen Rechtsschutz und das Urheberrecht zuständig ist. Auf diesen Rechtsgebieten bestand im Hinblick auf die Entwicklung neuer Tonträger und anderer Vervielfältigungsgeräte ein hoher Rechtsfortbildungsbedarf, zahlreiche, wegweisende Entscheidungen stammen aus ihrer Feder als Berichterstatterin. Viele dieser rechtschöpferisch aufgestellten Rechtssätze wurden später vom Bundesgesetzgeber in entsprechende Gesetzesnovellen aufgenommen und damit legislativ anerkannt. Am 16. Februar 1965 wurde Gerda Krüger-Nieland angesichts ihrer herausragenden Fähigkeiten und Leistungen der Vorsitz im I. Zivilsenat übertragen. Sie war damit die erste Frau im Bundesgerichtshof, der diese verantwortungsvolle und einflussreiche Aufgabe anvertraut wurde. Über 13 Jahre versah sie dieses Amt mit natürlicher Autorität und hoher Sachkompetenz bis zu ihrem Eintritt in den Ruhestand am 1. Juli 1978.

Daneben engagierte sie sich erfolgreich in zahlreichen Verbänden, so in der Association Littéraire et Artistique Internationale und in der ständigen Deputation des Deutschen Juristentags. Im Kuratorium des Max-Planck-Instituts für Geistiges Eigentum in München wirkte sie als langjähriges Mitglied. Ihre zahlreichen Veröffentlichungen zu den von ihr maßgeblich beeinflussten Rechtsgebieten haben große Anerkennung in der Rechtswissenschaft gefunden. Hochbetagt verstarb Gerda Krüger-Nieland am 21. September 2000 in Karlsruhe.

Dr. Detlev Fischer, Richter am Bundesgerichtshof i. R., Karlsruhe

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