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Blick in die Geschichte Nr. 106

vom 20. März 2015

Carlsruher Blickpunkte

Ein barockes Kleinod

von Manfred Fellhauer

Die St. Valentinskirche in Daxlanden 2015

Sie steht mitten im alten Dorfkern von Daxlanden. Sie ist die älteste Kirche im Dekanat Karlsruhe und die älteste, heute noch vorhandene Kirche in Daxlanden. Und doch ist sie die bereits vierte Kirche der Daxlander: Die St. Valentinskirche. Bisher ist in der Literatur zur Geschichte der St. Valentinskirche eine Bauzeit zwischen 1713 und 1723 verzeichnet. Ab wann sie tatsächlich als Kirche geweiht war und in ihr Gottesdienste stattfanden, war nicht bekannt. Nun hat ein intensives Aktenstudium zur Aufklärung dieser Frage geführt. Im Generallandesarchiv Karlsruhe findet sich ein Band mit den Protokollen der im Auftrag des Fürstbischofs von Speyer, Heinrich Hartard von Rollingen, in den Monaten Mai bis September 1715 durchgeführten Visitationen der Pfarreien in den Landkapiteln Gernsbach und Ettlingen.

Die Protokolle in dem knapp 600 Seiten umfassenden Band sind teilweise in lateinischer Sprache verfasst und geben einen Überblick über den Zustand der Pfarreien. Zu dem Besuch in Daxlanden wird berichtet, dass am 16. Juni 1715 "der hochwürdigste und hochberühmte Herr Peter Cornelius von Beyweg, speyrischer Weihbischof und Heinrich Theisen, kirchlicher Ratgeber für das Landcapitel Gernsbach" nach Daxlanden gekommen seien. Weiter heißt es, dass die Visitatoren in Daxlanden feierlich empfangen und vom Amtmann in Ettlingen begrüßt wurden, dann zu der neu erbauten Kirche gezogen sind und die Kirche und die darin befindlichen drei Altäre, einen zur höchsten Ehre des Heiligen Valentin, einen zu Ehren der Heiligen Maria Immaculata und den dritten zu Ehren des Heiligen Wendelin geweiht haben. Als Weihedatum der St. Valentinskirche ist damit der 16. Juni 1715 bezeugt. Die Weihe der Valentinskirche fand also einen Tag vor der feierlichen Grundsteinlegung für den Schlossturm in Karlsruhe statt.

Seit 1651 hatten die Daxlander auf den Neubau ihrer Dorfkirche warten müssen. In jenem Jahr hatten sie bei einem katastrophalen Rheinhochwasser nicht nur zum zweiten Mal ihre Kirche verloren. Sie mussten vielmehr auch die fast vollständige Vernichtung ihres Dorfes beklagen und dieses weiter nördlich neu aufbauen. Ihre Gottesdienste hielten sie seitdem in einem umgebauten, zuletzt völlig baufällig gewordenen Bauernhaus ab. Es war ein langer und steiniger Weg bis zum neuen Gotteshaus. Zeitumstände wie der Pfälzische (1688-1698) und der Spanische Erbfolgekrieg (1701-1714/15), aber auch Meinungsverschiedenheiten zwischen der Gemeinde Daxlanden, dem Amt in Ettlingen und der markgräflichen Verwaltung in Rastatt hinsichtlich der Übernahme der Baukosten führten dazu, dass erst 1706 im Auftrag der Markgrafschaft Baden-Baden erste Baupläne gefertigt wurden.

Zur Ausführung kam dann im Zentrum des neuen Dorfes der 1710 gefertigte "Riss" mit einer "Circumferenz von 585 Klaftern Mauer", dessen Bau 168.480 Backsteine erforderte. Als Fundamentsteine schafften die Daxlander in Fronarbeit Bruchsteine des seit 1701 nicht mehr bewohnten Rohrburgischen Schlosses in Durmersheim herbei. Architekt der neuen Kirche war der markgräflich baden-badische Baumeister (Johann) Michael Ludwig Rohrer (1683 -1732). Er zeichnete unter anderen auch verantwortlich für die Erweiterungs- und Fertigstellungsarbeiten am Schloss Rastatt (1707/08 und 1740), für das Schloss Favorite (1710-1712), die Schlosskirche in Rastatt (1719-1721), das Damianstor in Bruchsal (1724-1725), das Rathaus Rastatt (1750) sowie für die Katholische Pfarrkirche St. Martin in Ettlingen (1731).

Auch wenn die Kirche 1715 geweiht wurde und den Daxlandern als Gotteshaus diente, waren sie nicht so richtig glücklich. 1720 schreibt Amtmann Schweinhuber von Ettlingen an Markgräfin Sibylla Augusta, dass sie den Daxlandern vor fünf Jahren eine neue Kirche erbaut habe "und gewißlich auf dem Land kein[e] schöner[e] Kirch[e] zu find[en] sein wird", aber die Kirche sei noch immer nicht fertig. Das Dach habe keine Verschalung unter den Ziegeln und die holzvertäfelte Decke fehle. Wenn es schneie oder regne, tropfe das Wasser in das Kircheninnere. Vom Amt in Ettlingen zur Stellungnahme aufgefordert, erwiderte Baumeister Rohrer, er wisse nicht, warum die Kirche nicht "fertig" gebaut wurde. Die Aufsicht habe das Amt in Ettlingen gehabt. Wieder gingen Schreiben zwischen Gemeinde, Amt Ettlingen und der Hofkammer hin und her, ohne dass sich etwas bewegte. Ursache für die Zurückhaltung bei der markgräflichen Verwaltung war wohl die Steigerung der geplanten Gesamtkosten von 1.986 auf 3.178 Gulden. Das Amt wollte die Gemeinde Daxlanden in eine Kostenübernahme einbinden. Diese vertrat aber die Auffassung, dass die Baukosten Sache der Herrschaft seien. Ein erneuter Vorstoß der Gemeinde im Jahre 1723 blieb ebenfalls erfolglos.

Da kam den Daxlandern der Zufall zu Hilfe. Markgraf Ludwig Georg, der Jägerlouis, kam nach einer Jagd im Rheinwald nach Daxlanden. Schultheiß und Gemeinderat begrüßten den Markgrafen und ergriffen sofort die Gelegenheit. Sie führten ihn zur Kirche und brachten ihre Anliegen hinsichtlich der noch immer vorhandenen Baumängel an der Kirche vor. Der Markgraf nahm sich der Angelegenheit an und verlangte Aufklärung. Daraufhin wies die Hofkammer am 3. Oktober 1727 den Amtmann von Ettlingen, Joseph Schweinhuber, an, dass das doppelte Getäfel in der Daxlander Kirche jetzt "ohnverzüglich" von den Schreinern in "loko Dachslandt und nicht ... in Ettlingen" ausgeführt werden solle. Die Kammer erwartete baldige Vollzugsmeldung und wies an, "die Verdienst ad Camerum zur Decretur einzureichen". Das lässt darauf schließen, dass das Amt in Ettlingen die Kosten für die Kirchendecke und die Verkleidung des Dachstuhls übernommen hat. Noch im Oktober 1727 wurden die Arbeiten erledigt. Die Kosten betrugen 118 Gulden. Und jetzt stimmte wohl der Satz aus dem Jahr 1720, dass keine schönere Kirche im Lande zu finden sei.

Manfred Fellhauer, Dipl.-Finanzwirt (FH)

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