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Blick in die Geschichte Nr. 123

vom 21. Juni 2019

Biographie Wilhelmine Müller

Sie selbst verstand sich als Autodidaktin, Literaturwissenschaftlern galt sie als "talentierte Dilettantin". Jüngere Biografien von Rainer Fürst (1995) und Giovanna-Beatrice Carlesso (2015) würdigen ihr literarisches Schaffen als selbstbewusste Behauptung einer Frau im zu ihrer Zeit von Männern dominierten Literaturbetrieb.

Wilhelmine Müller (1767-1807)

Geboren wurde Wilhelmine Müller am 28. August 1767 als erstes von zwölf Kindern der Pfarrerfamilie Michael Maisch in Neipperg im heutigen Landkreis Heilbronn. Hier und ab 1782 in Adelshofen (Eppingen), wo der Vater eine Pfarrstelle antrat, verbrachte sie ihre Kindheit und frühe Jugend in ärmlichen Verhältnissen und auch bei harter Feldarbeit. Eine höhere Schulbildung ließen ihre Lebensumstände nicht zu. Aber schon als Kind verfasste sie Verse und kam als junge Frau, gefördert von dem Theologen und Dichter Karl Konz, in Kontakt mit dem Stuttgarter Dichterkreis, in dem auch Friedrich Hölderlin verkehrte. Ihr Ziel, als Lyrikerin ernst genommen zu werden, erreichte sie mit ersten Veröffentlichungen von ernsten, heiteren oder ironischen Versen unter ihrem eigenen Namen in literarischen Almanachen seit 1792.

Nach einem längeren Aufenthalt in Wien heiratete die bereits gern gelesene Autorin in Karlsruhe am Neujahrstag 1799 den acht Jahre jüngeren Verleger und Drucker Christian Friedrich Müller. Schon im Jahr darauf veröffentlichte der eine Sammlung ihrer Gedichte und Episteln, die er 1806 in zweiter Auflage herausbrachte. Im Verlag ihres Mannes wirkte Wilhelmine Müller neben ihrer zeitgemäßen Rolle als Hausfrau zudem seit 1800 als Herausgeberin des jährlich erscheinenden "Taschenbuchs für edle Weiber und Mädchen".

Für kurze Zeit ab dem Sommer 1800 musste Müller wegen der Konkurrenz zur Druckerei Macklot seine Geschäfte nach Pforzheim verlagern, kehrte aber schon 1803 als neu ernannter Hofbuchdrucker und Verleger von zwei Zeitungen nach Karlsruhe zurück. Die von der erfolgreichen literarischen Tätigkeit geprägten Ehejahre waren für Wilhelmine von großer Trauer um den Verlust von drei Kindern im Säuglingsalter überschattet. Im Alter von nur 40 Jahren verstarb die Trägerin der Goldenen Medaille des Königs von Schweden am 12. Dezember 1807 an einem Nervenfieber.

Wilhelmine Müller verarbeitete in ihren literarischen Texten Freud und Leid ihres Lebens wie etwa in den an ihren geliebten Mann gerichteten Versen oder jenen voller Trauer über den Tod ihrer Kinder. Sie thematisierte aber auch verschiedene Ereignisse im großherzoglichen Hause Baden. Die von ihr als Frau erlebte Spannung zwischen Rollenzuweisung und Selbstverwirklichung schlug sich in Versen über die Bedeutung von Mädchenbildung und Emanzipation nieder. Dem befreundeten Dichter Gottlieb Pfeffel schrieb sie dazu 1804: "Ich stürzte kühn und mutig ins Gefechte / Und kämpfte tapfer für des Weibes Rechte."

Dr. Manfred Koch, Herausgeber/Redaktion "Blick in die Geschichte"

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