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Blick in die Geschichte Nr. 134

vom 18. März 2022

"Karlsruhe mit seinen Anregungen in Kunst und Wissenschaft"

Paul von Hindenburgs Beziehung zu Karlsruhe

von René Gilbert

Preußische Offizierslaufbahn bis zum Generalfeldmarschall, Chef des Generalstabs des Feldheeres und damit Chef der Obersten Heeresleitung, Reichspräsident: So lauten die wohl wichtigsten beruflichen Stationen im Leben Paul von Hindenburgs (1847-1934), der dieses Jahr 175 Jahre alt geworden wäre. Der Öffentlichkeit weniger bekannt sein dürfte hingegen, dass Hindenburg im Rahmen seiner militärischen Dienstzeit auch zweieinhalb Jahre in Karlsruhe verbracht hat, dass er darüber hinaus nicht nur von Karlsruhe, sondern auch von Durlach zum Ehrenbürger ernannt wurde, und dass er als Reichspräsident die Fächerstadt besucht hat.

Militärdienstzeit in Karlsruhe

In Kontakt mit der damaligen badischen Haupt- und Residenzstadt kam Paul von Hindenburg erstmals im Jahr 1900. Nachdem er über 40 Jahre im Dienst der preußischen Armee gestanden hatte, wurde er am 9. Juli 1900 zum Kommandeur der 28. Division in Karlsruhe ernannt. Die 28. Division war ein Großverband der Preußischen Armee und als solche Teil des XIV. Armeekorps des Deutschen Kaiserreichs. Die Versetzung in den Süden Deutschlands traf bei dem damals 52-jährigen Hindenburg, der sein Kommando und seinen Wohnsitz im Haus Kaiserstraße 184 hatte, auf ungeteilte Zustimmung: "Diesem Allerhöchsten Befehl folgte ich mit ganz besonderer Freude. Meine bisherigen dienstlichen Beziehungen zum Erbgroßherzog ließen mich auch bei Ihren Königlichen Hoheiten dem Großherzog und der Großherzogin ein unendlich gnädiges Wohlwollen finden, das sich auch auf meine Frau übertrug und uns hoch beglückte. Dazu das herrliche Badener Land mit all seinen landschaftlichen Schönheiten und seinen treuherzigen Bewohnern und Karlsruhe mit seinen Anregungen in Kunst und Wissenschaft, mit seiner alle Berufskreise umfassenden Geselligkeit." Am 26. Januar 1903 endete Hindenburgs Dienstzeit in Karlsruhe. "Mit inniger Dankbarkeit im Herzen" verließ er die Fächerstadt, da er zum Kommandieren General des IV. Armeekorps in Magdeburg ernannt worden war.

Magdeburg war auch diejenige Stadt, die Paul von Hindenburg nach dessen Sieg in der Schlacht bei Tannenberg im August 1914 zum ersten Ehrenbürger einer deutschen Großstadt ernannte.

Die Ehrenbürgerurkunde für Paul von Beneckendorff und Hindenburg von 1915

Ehrungen durch Karlsruhe und Durlach

Schon als zweite deutsche Großstadt folgte im Jahr darauf Karlsruhe, als der hiesige Stadtrat am 25. Februar 1915 beschloss, "in dankbarer Würdigung der unvergleichlichen Dienste, die sich der Oberbefehlshaber des Ostheeres, Generalfeldmarschall von Hindenburg, durch seine bewunderungswürdigen kriegerischen Leistungen um das deutsche Volk und Vaterland erworben hat," beim Bürgerausschuss zu beantragen, Paul von Hindenburg das Ehrenbürgerrecht zu verleihen. Der Beschluss wurde vom Bürgerausschuss am 26. März 1915 einstimmig angenommen. Der Ausgezeichnete erwiderte die Ehrung mit einem Dankschreiben an Oberbürgermeister Karl Siegrist: "Ihnen und dem Bürgerausschuß danke ich herzlich für die Verleihung des Ehrenbürgerrechts. Ich bin unendlich erfreut, mich zu Ihren Bürgern zählen zu dürfen, umsomehr als ich Dank der großen Gnade des Herrscherhauses und der Freundlichkeit der Bewohner Karlsruhes mich oft, gern und dankbar der schönen in dieser Residenz verlebten 21/2 Jahre erinnern darf."

Neben der Ehrenbürgerwürde von Karlsruhe erhielt Hindenburg weitere sichtbare Ehrbezeugungen im heutigen Stadtgebiet. So wurden eine Straße in Durlach (seit 1946 Waldshuter Straße), 1914 eine Straße in Grötzingen (seit 1945 Rosalienberg) und 1921 eine Straße in Karlsruhe (seit 1946 Erzbergerstraße) nach Hindenburg benannt. Am 2. Oktober 1918 wurde eine Gedenktafel am Haus Kaiserstraße 184, dem Sitz des Kommandos der 28. Division angebracht, die nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst entfernt, auf Betreiben von Soldatenverbänden, darunter der Kameradendienst der an Kriegsverbrechen der Wehrmacht maßgeblich beteiligten 35. Infanteriedivision, 1958 aber wieder installiert wurde. Außerdem hieß die Durlacher Pestalozzischule von 1915 bis 1922 und von 1933 bis 1947 Hindenburgschule.

Neben der Straßen- und Schulbenennung beschloss der neugebildete Stadtrat der damals noch eigenständigen Stadt Durlach, in dem nun Nationalsozialisten und Deutschnationale die Mehrheit hatten, in seiner Sitzung vom 11. Mai 1933 Paul von Hindenburg, damals amtierender Reichspräsident, neben Adolf Hitler und dessen Reichsstatthalter von Baden, Robert Wagner, zu Ehrenbürgern zu ernennen. Als Begründung für die Auszeichnung an Hindenburg gab die auf den 3. Juli 1933 ausgestellte Ehrenbürgerurkunde an, dies geschehe "als Ausdruck der Verehrung und des Dankes für die kraftvolle Haltung beim Neubau des Reiches."

Besuch als Reichspräsident

Im Amt des Reichspräsidenten stattete Paul von Hindenburg Karlsruhe am 12. November 1925 seinen Antrittsbesuch ab. Von Stuttgart kommend, traf er gegen 11:00 Uhr im Hauptbahnhof ein, wo er unter anderen von Staatspräsident Hugo Hellpach und Innenminister Adam Remmele empfangen wurde. Vergessen war offensichtlich unter anderem Hindenburgs unrühmliche Rolle bei der Bildung der Dolchstoßlegende, die erheblichen Anteil an der Destabilisierung der Weimarer Republik hatte, da Hindenburg bei der Karlsruher Bevölkerung immer noch hohes Ansehen genoss, wie auf dem Weg in die Innenstadt deutlich wurde. So berichtete die rechtsliberale Badische Presse: "Die Fahrt Hindenburgs durch die Stadt gestaltete sich denn auch zu einem wahren Triumphzug. Begeisterungswogen zogen durch die Menge, und überall bei der Fahrt hallten dem Reichspräsidenten stürmische Hochrufe entgegen, überall grüßte ihn frohes Tücherschwenken. Von allen Seiten wurden dem Reichspräsidenten Blumen entgegengeworfen, und als das Auto am Staatsministerium ankam, war er geradezu von Blumen überschüttet."

Nach dem Empfang im Staatsministerium folgte ein Empfang im Rathaus. Auf die Begrüßung durch Oberbürgermeister Julius Finter erwiderte Hindenburg: "Ich fühle mich hier heimisch, denn ich habe 3 Jahre hier in Garnison gestanden; […]. Außerdem habe ich die Ehre, Ihr Ehrenbürger und Mitbürger zu sein. Ich freue mich darum doppelt, Karlsruhe wieder einmal betreten zu dürfen."

Anschließend wurde der Reichspräsident im Rahmen eines Mittagessens bei Staatspräsident Hellpach offiziell in der badischen Landeshauptstadt willkommen geheißen. In seiner Replik betonte Hindenburg nochmals seine enge persönliche Verbindung zur Fächerstadt und zu Baden: "Oft und dankbar erinnere ich mich der Jahre, die ich als Divisionskommandeur in Karlsruhe verleben durfte, und die mich mit dieser schönen Stadt und mit dem herrlichen Badener Lande eng zusammengeführt haben. Als Ehrenbürger mit der Stadt Karlsruhe und ihrem Geschick eng verbunden, habe ich mit aufrichtiger Teilnahme die besonderen Nöte und Schwierigkeiten verfolgt, die in den letzten Jahren auf Baden lasteten. […] Aber ich kann auch mit Genugtuung feststellen, daß das Land diese Notzeit in unverzagter Arbeit und sicherem Vertrauen auf die Zukunft im Wesentlichen überwunden hat und sich in einer - wie ich hoffe - aufsteigenden Entwicklung befindet. […] Mit diesem Wunsche rufe ich: Das Badenerland, es lebe hoch!"

Nach dem Besuch der Großherzoglichen Grabkapelle im Fasanengarten und dem "Nachmittagstee" im Staatsministerium wandte sich Hindenburg direkt an die Bevölkerung und hielt vom Balkon des Staatsministeriums eine sehr kurze Ansprache: "Ich danke von ganzem Herzen für den freundlichen Willkommensgruß, der mir hier zuteilgeworden ist. Ich habe schon vor 23 Jahren hier drei Jahre verlebt. Ich kann nur sagen, daß ich mich heute hier wieder ganz heimisch gefühlt habe, und ich bitte, mir zu helfen in dem Bestreben, in unserem teuren Vaterlande die Einigkeit, die alte Treue, die alte restlose Liebe zu Deutschland wachzuhalten. Lassen Sie uns hier im augenblicklichen Zusammensein gemeinsam geloben und bekräftigen durch den Ruf: Unser teures deutsches Vaterland, hurra!"

Mit der anschließenden Rückfahrt zum Hauptbahnhof, die erneut von zahlreichen Menschen am Straßenrand, lebhaften Hochrufen und dem Singen der Nationalhymne vor dem Bahnhofsgebäude begleitet wurde, endete gegen 18:00 Uhr Paul von Hindenburgs Antrittsbesuch in Karlsruhe.

Die sozialdemokratische Parteizeitung Volksfreund berichtete nur knapp über das von der bürgerlichen Presse so gefeierte Ereignis und beschränkte sich bewusst auf die Wiedergabe eines Berichts des Wolffschen Telegraphenbüro, kritisierte aber Staatspräsident Hellpach, weil dieser peinlichst vermieden habe, die Bezeichnung des Staates als Republik auch nur einmal in den Mund zu nehmen, da der "Monarchist Hindenburg […] das Wort Republik nicht gern hören" würde.

Paul von Hindenburg ist seit der Gründung des Deutschen Nationalstaats 1871 nach Bundespräsident Roman Herzog, der von 1983 bis 1987 Vizepräsident und anschließend bis 1994 Präsident des Bundesverfassungsgerichts war, durch seine Militärzeit in Karlsruhe und durch seine Ernennung zum Ehrenbürger dasjenige deutsche Staatsoberhaupt mit dem engsten persönlichen Verhältnis zu Karlsruhe. Die Ehrenbürgerwürde wurde Hindenburg aber 2018 durch den Karlsruher Gemeinderat wegen seiner Rolle als einer der Totengräber der Weimarer Demokratie symbolisch aberkannt.

Dr. René Gilbert, Historiker, Karlsruhe

Eine erweiterte Fassung dieses Beitrags ist in der Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 170 (2022), S. 349-358, erschienen.

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