Menü
eService
Direkt zu
Suche
eService – Ihr Anliegen bequem Online erledigen
Karlsruhe interaktiv – wichtige Website-Funktionen

Blick in die Geschichte Nr. 137

vom 23. Dezember 2022

Carlsruher Blickpunkte

Vom Adelspalais zum städtischen Gästehaus

von Peter Pretsch

Der Bauherr des herrschaftlich wirkenden Gästehauses der Stadt Karlsruhe an der Ecke Reinhold-Frank- und Bismarckstraße war der Lahrer Kartonagen-Fabrikant Georg Heimburger, der sich in Karlsruhe nach dem wohl lukrativen Verkauf seines Unternehmens 1882 zur Ruhe setzte und forthin ein Leben als "Privatier" führte. 

Haus Solms mit Hinweistafel "Scheffelmuseum", Foto um 1935

Architekt Gustav Ziegler erbaute 1881/82 das so genannte "Palais Heimburger" als standesgemäßen Wohnsitz für den ehemaligen Fabrikbesitzer. Die Fassade wird durch Doppelrundbogenfenster und an beiden Schauseiten durch Mittelrisalite und einen Eckrisalit, die im Obergeschoß als Säulenportika ausgebildet sind, gegliedert. Die Risalite werden durch Segmentgiebel, in denen sich Reliefs mit Allegorien zu Handel und Industrie befinden, bekrönt. 

Die Innenarchitektur des Palais Solms entspricht heute noch teilweise der äußeren Gestalt des Hauses. Der Schwiegersohn Heimburgers, der Direktor der Kunstgewerbeschule Prof. Hermann Götz entwarf sie.  Nach dem Tode des Bauherrn 1895 bewohnte er auch das Palais. So wurden die Stuck- und Holzdecken sowie die Wandverkleidungen nach seinen Entwürfen gefertigt. Die Möblierung der Innenräume im historistischen Stil wurde von den letzten Bewohnern des Palais, Graf und Gräfin Solms, übernommen und ergänzt. Nach dem Tode von Prof. Götz erwarben die Eheleute 1902 das Palais Heimburger, das von nun an den Namen Solms trug. Hier entfalteten sie eine wahre Sammlerleidenschaft für Kleinkunstwerke, Erzeugnisse alter Silberschmieden und Porzellanmanufakturen sowie für antike Möbelstücke. Außerdem statteten sie das Gebäude mit Familienportraits und Gemälden bekannter Künstler aus. Nach dem Tode des Grafen 1907 führte seine Witwe Marie weiterhin ein großes Haus und war auch durch ihre häufigen Theaterbesuche eine stadtbekannte Erscheinung. 1923 war sie wegen der Inflation gezwungen, ihren noch zu Lebzeiten ihres Mannes an die Stadt Karlsruhe testamentarisch vermachten Besitz nun doch an diese zu verkaufen. Nach ihrem Tode am 22. April 1930 richtete die Stadt das Gebäude als Museum ein. Im Erdgeschoß blieben die gräflichen Repräsentationsräume mit den Kunstgegenständen als "Solms-Museum" weitgehend erhalten. Im Obergeschoß baute man eine Gedenkausstellung für den Dichter Josef Viktor von Scheffel auf, dessen Denkmal sich seit 1892 unweit des Palais Solms auf dem Scheffelplatz befindet. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden hier auch noch das Stadtarchiv und die stadtgeschichtlichen Sammlungen untergebracht. Die Repräsentationsräume im Erdgeschoß dienten der Stadtverwaltung seit 1946 für Besprechungen und Empfänge. Außerdem wurde dort das Trauzimmer mit dem aus dem 1944 ausgebrannten Rathaus geretteten Trausaalmobiliar eingerichtet, das Prof. Götz 1899 entworfen hatte und das bei der Weltausstellung der Jahrhundertwende in Paris mit dem 1. Preis ausgezeichnet worden war. 1960/61 hat man das Palais einer Neugestaltung im Innern unterzogen. Das Trausaalmobiliar aus dem Rathaus wurde wieder entfernt und der Raum als Trauzimmer neu eingerichtet, aber die alte Einrichtung in den übrigen Räumen im Erdgeschoss im Wesentlichen belassen. Einige wertvolle Möbel und viele Sammlungstücke befinden sich aber heute im Bestand des Stadtmuseums, ein Großteil der Familienportraits und der Gemälde renommierter Künstler wanderte in das Magazin der Städtischen Galerie. Das Obergeschoß konnte man, nachdem das Stadtarchiv und das Scheffelmuseum ausgezogen waren, für große Empfänge völlig neu ausbauen. Seitdem werden im Palais Solms auch Entscheidungen der Kommunalpolitik besiegelt, verdiente Mitbürger und Mitbürgerinnen geehrt und nach wie vor im glamourösen Ambiente standesamtliche Trauungen vollzogen. Das unter Denkmalschutz stehende Gästehaus Solms mit seinen komfortablen Einrichtungen ist so seit Jahrzehnten zu einer beliebten Stätte für Zusammenkünfte aus vielerlei Anlass geworden, hat aber noch das Flair seiner Vergangenheit bewahren können.

Dr. Peter Pretsch, Leiter des Stadtmuseums Karlsruhe i. R.

-

Kopieren Kopieren Schreiben Schreiben