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Blick in die Geschichte Nr. 137

vom 23. Dezember 2022

Biographie Marie Gräfin Solms

Über die letzte Bewohnerin des heutigen Gästehauses Solms, die das Gebäude samt Inneneinrichtung und den darin befindlichen Kunstschätzen der Stadt Karlsruhe vermachte, war bisher nur wenig bekannt.

Marie Gräfin Solms (1858-1930)

Sie wurde am 29. Dezember 1858 als Tochter des Wormser Lederfabrikanten Johann Baptist Doerr und dessen Ehefrau Anna, geb. Reinhart, geboren. Die 1840 gegründete Lederfabrik Doerr & Reinhart entwickelte sich in Worms zur zweitgrößten Lederfabrik der Stadt mit zeitweise 3000 Beschäftigten. Marie Doerr wuchs mit zwei Schwestern und ihrem Zwillingsbruder in einem großbürgerlichen Haushalt auf und besuchte im Alter von 15 bis 18 Jahren höhere Töchterschulen in Mannheim und Frankfurt. Am 24. April 1884 heiratete sie Max Otto Graf von Solms-Sonnenwalde-Rösa, Abkömmling einer Seitenlinie des weitverzweigten Geschlechts der Grafen von Solms. In dem kleinen Ort Rösa in der preußischen Provinz Sachsen (heute Sachsen-Anhalt) besaß seine Familie ein Schloss und mehrere Landgüter in der Umgebung. Max trat aber in den preußischen Militärdienst ein und überließ die Verwaltung der dortigen Besitzungen wohl weitgehend seinen Verwandten. 

Nach dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 gehörte er zur deutschen Besatzung des neuen "Reichslands" Elsass-Lothringen. Um 1890 war er als Hauptmann Adjutant der Gendarmeriebrigade in Straßburg. Diese war eine militärische Polizeieinheit, die für Ruhe und Ordnung bei der dortigen Bevölkerung sorgen sollte. Zuletzt war Graf Solms Distriktoffizier dieser Einheit in Metz. 1894 bezogen der Major a. D. und seine Frau in Karlsruhe eine Wohnung in der Stephanienstraße zwischen dem ehemaligen Wohnhaus des Dichters Joseph Viktor von Scheffel und der Münzstätte. Das kinderlose Ehepaar integrierte sich hier schnell in die höhere Gesellschaft. Marie gehörte nun zu einem Kreis wohltätiger Frauen um die Dichterin Alberta von Freydorf, die gegenüber wohnte und beste Beziehungen zum badischen Hof hatte. 

1902 erwarb das Ehepaar das Palais in der Bismarckstraße als standesgemäßen Altersruhesitz. Graf Solms konnte sich allerdings an seinem Besitz nicht lange erfreuen. Er starb 60-jährig schon 1907 an der allergischen Reaktion auf einen Wespenstich. Seine Gattin überlebte ihn um 23 Jahre und wurde noch bis zum Ende der Monarchie wie schon zuvor mit ihrem Gatten häufig zu Jubiläumsfesten am badischen Hof eingeladen, wie Einladungskarten im Bestand des Stadtarchivs dokumentieren. In der Zeit der Inflation von 1922/23 verlor die Gräfin dann fast ihr gesamtes Vermögen und konnte den gewohnten Lebensstil bis zu ihrem Tod am 22. April 1930 nur mühsam aufrechterhalten. Immerhin fuhr sie noch in den 1920er- Jahren im Einspänner durch die Stadt und verfügte über Dienerschaft, wie alte Fotos ebenfalls zeigen.  

Dr. Peter Pretsch, Leiter des Stadtmuseums Karlsruhe i. R.

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