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Die Karlsruher Presse und die Bücherverbrennung

Blick auf die Berichterstattung der Karlsruher Zeitungen und die Karlsruher Presselandschaft 1933 und danach

Berichterstattung der Karlsruher Zeitungen

Keine der im Juni 1933 noch erscheinenden Zeitungen berichtete kritisch über den Inhalt und den Ablauf der Bücherverbrennung am 17. Juni. Die NS-Zeitung "Der Führer" (18. Juni 1933) propagierte sie sowieso als Erfolg und stellte die "bedingungslose Treue" und "Zähigkeit" einer neuen "kernigen Jugend" vor. Das Marschieren an jenem Tag nahm die Verwendung als Soldaten im künftigen Krieg bereits vorweg, ohne dies auch auszusprechen.

"Karlsruher Tagblatt", "Badische Presse" (18. Juni 1933), "Karlsruher Zeitung" (19. Juni 1933) sowie der "Badische Beobachter" (19. Juni 1933) beispielsweise beschränkten sich weitgehend auf die Wiedergabe der Rede des Kultusministers Dr. Otto Wacker - sie berichteten damit ausführlicher als das NS-Organ "Der Führer" - und die kurze Schilderung des Ablaufes. Ebenso wie aus "Der Führer" ist zwischen den Zeilen zu entnehmen, dass die gedachte propagandistische Massenversammlung sehr unter dem schlechten Wetter litt und damit offensichtlich nicht die gewünschte Wirkung entfalten konnte. Keine der nicht nationalsozialistischen Zeitungen stellte in ihrem Bericht die Verbrennungsaktion in Frage.

 

Das Gebäude der "Badischen Presse" auf der Kaiserstraße 1933

Die Karlsruher Presselandschaft 1933 und danach

Die Presse in Baden wie im Deutschen Reich war zum Zeitpunkt der Bücherverbrennungen 1933 noch nicht gleichgeschaltet, gleichwohl übernahmen verschiedene Blätter die nationalsozialistischen Verlautbarungen freiwillig. Nachdem die in Karlsruhe erscheinende sozialdemokratische Zeitung "Der Volksfreund" bereits seit dem 17. März 1933 verboten war, wies die Karlsruher Presselandschaft immer noch acht Zeitungen auf, neben dem NS-Blatt "Der Führer" die anderen traditionellen Tageszeitungen: die bürgerlich-liberale Zeitung "Badische Presse", ebenso das "Karlsruher Tagblatt", die auch als "Staatsanzeiger" fungierende "Karlsruher Zeitung", den "Residenz-Anzeiger", den "General-Anzeiger", außerdem die Zeitung der katholischen Zentrumspartei, "Badischer Beobachter" sowie das national-konservative Wochenblatt "Badische Zeitung". Die offizielle Gleichschaltung der Presse stand noch bevor. Diese erfolgte auf dem Gesetzesweg erst mit dem Schriftleitergesetz vom 4. Oktober 1933. Etwa 1.300 Journalisten konnten danach ihren Beruf nicht mehr ausüben.

Titelblatt des "Volksfreund" am 18. März 1933

Traditionsreiche Zeitungen, wie z. B. die "Vossische Zeitung" mussten ihr Erscheinen einstellen. Ein Großteil der in Karlsruhe erscheinenden Zeitungen stellte in der Folge ebenfalls ihr Erscheinen ein: Die "Karlsruher Zeitung" hörte mit dem Jahresende 1933 auf, da sie verkauft wurde und im "Karlsruher Tagblatt" aufging, die "Badische Zeitung" der national-konservativen DNVP erschien letztmals Mitte Januar 1934, der "Badische Beobachter" zum Jahresende 1935 letztmals aufgrund der Verordnung des NS-Reichspresseleiter vom April 1933 gegen konfessionelle Blätter. Der "Residenz-Anzeiger" endete zum selben Zeitpunkt. 1936 wurden "General-Anzeiger" und "Badische Presse" zusammengelegt. Das "Karlsruher Tagblatt" stellte sein Erscheinen 1937 ein. Die trotz bürgerlichem Aushängeschild längst nationalsozialistisch ausgerichtete "Badische Presse" erschien seit Sommer 1944 aus kriegsbedingten Gründen der Papierrationierung nicht mehr. Der bis zum Ende des NS-Systems allein übrig gebliebene "Der Führer" brachte seine letzte Ausgabe am 30. März 1945 mit noch zwei Seiten heraus. Am 4. April 1945 war in Karlsruhe die nationalsozialistische Herrschaft mit dem Einrücken der französischen Armee zu Ende.

Die katholische Presse über die Bücherverbrennung

Das katholische Blatt "Badischer Beobachter" hatte seinen Bericht über die Bücherverbrennung anders als die übrigen Zeitungen erst mit einem Tag Verspätung gebracht. Am 18. Juni 1933 war jedoch unter der Überschrift "Ein ernstes Wort zur Bücherverbrennung" eine harsche Kritik gedruckt. Es handelte sich dabei keineswegs um eine grundsätzliche Kritik an der Verbrennung und der Ächtung von Literatur und Literaten. Insistiert wurde im Gegenteil darauf, dass die katholische Richtung bereits längere Erfahrung gegen "Schmutz und Schund" und im Kampf gegen "sitten- und kulturlose" Moral aufzuweisen habe, was die neuen Machthaber anerkennen sollten. Stark kritisiert wurden dagegen offensichtliche Übergriffe der nationalsozialistischen Jugend gegen den katholischen "Verein vom Heiligen Karl Borromäus", der Volksbüchereien in allen Karlsruher Pfarrgemeinden unterhielt. Dies wurde als nicht im Einklang mit dem vom Reichskanzler (Adolf Hitler) und offiziellen Stellen propagierten Volksgemeinschaftsgedanken betrachtet. Die katholische Zentrumspartei hatte zusammen mit ihrem Presseorgan "Badischer Beobachter" bis 1933 immer wieder öffentlich gegen den totalen Machtanspruch der Nationalsozialisten Stellung bezogen, dies aber seit März 1933 relativiert. Zu jenem Zeitpunkt hatte die Regierung aus NSDAP und der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) Verhandlungen über ein Reichskonkordat (Staatsvertrag) mit dem Vatikan begonnen. Daran war die katholische Kirche sehr interessiert und wollte alles vermeiden, was die laufenden Verhandlungen hätte gefährden können.

Wurden bei der Bücherverbrennung Eingriffe in den eigenen katholischen Bereich zurückgewiesen, so wurde die Richtung des kulturellen Kampfes gegen "Marxismus und Materialismus" (Josef Goebbels), gegen "undeutsche", "marxistische", "pazifistische", "kriegs- und soldatenkritische", "sexualisierte", "moderne" Literatur und Literaten vom politischen Katholizismus auch als eigenes Ziel begrüßt. Die Schnittmenge an Übereinstimmung in diesen Fragen zwischen Nationalsozialisten, Konservativen, Nationalgesinnten und Religiösen muss als ein Grund angesehen werden, dass die Bücherverbrennung in Deutschland selbst nur von einer Minderheit abgelehnt und als abstoßend empfunden wurde. Begreifbar wird somit an diesem Punkt auch, wie die Durchsetzung der nationalsozialistischen Diktatur 1933 in nur wenigen Monaten gelingen konnte.

 

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